Modell-Szenarien mit bis zu 1 Mrd. Pfund Umsatzverlust

Next: „Die Leute kaufen kein neues Outfit, um zu Hause zu bleiben“

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Next-Store in Leicester
Next-Store in Leicester

Die Coronavirus-Krise hat den britischen Retailer Next fest im Griff. Die Modegruppe hat in einem Stress-Test die Kosten der Pandemie hochgerechnet und stellt sich mit ihren Planungen auf einen Umsatzrückgang von bis zu 1 Mrd. Pfund (1,1 Mrd. Euro) ein.

„Als die Pandemie in China begann, nahmen wir an, dass unsere Lieferketten unter den größten Druck kommen würden,“ sagte Lord Wolfson, Chief Executive von Next, „jetzt ist aber klar, dass das Nachfrage-Risiko die größte Herausforderung sein wird und wir uns auf einen signifikanten Umsatzrückgang während der Dauer der Pandemie einstellen müssen. Die Leute kaufen keine neuen Outfits, um zu Hause zu bleiben.“


Seit dem 23. Februar hat sich die Nachfrage beträchtlich verschlechtert. Die Umsätze in den Next-Stores waren in der vergangenen Woche um 19,7% und in dieser Woche um 46% rückläufig. Auch die Online-Umsätze gingen in der vergangenen Woche um 2% zurück, während das Minus nun bei 25% liegt.

Das Unternehmen hat einen detaillierten Stress-Test durchgeführt, um die wahrscheinlichen Einflüsse auf Liquidität und Ertrag bei verschiedenen Stufen rückläufiger Umsätze zu prüfen. Das Szenario umfasst Modelle mit Umsatzrückgängen von 445 Mio. Pfund, 820 Mio. Pfund und 1 Mrd. Pfund. Diese Werte würden jeweils ein Minus von 10%, 20% und 25% des Next-Jahresumsatzes ausmachen. „Das Fazit unseres Stress-Tests ist, dass das Unternehmen den Jahresumsatzrückgang von über 1 Mrd. Pfund bequem aushalten kann, ohne unsere gegenwärtigen Bond- und Kreditlinien zu überschreiten“, sagt Lord Wolfson.

Bei der sich dramatisch entwickelnden Pandemie werden Pläne zum Schutz der anfälligsten Mitarbeiter gemacht, die Technologie wird stärker auf das Home Office ausgerichtet. Eine Herausforderung wird das Sourcing und die Entwicklung neuer Produkte. Weil die Produktteams angesichts der fortschreitenden Pandemie nicht reisen können, wird u.a. auf Video-Konferenzen umgestellt.

Online-Sparte legt um rund 12% zu

China hat einen Anteil von 27% an der Lieferantenbasis von Next. Diese Zahl steigt auf 47%, wenn Produkte hinzugezählt werden, die außerhalb Chinas hergestellt, aber mit chinesischen Stoffen und Zutaten (z.B. Knöpfe, Reißverschlüsse) gefertigt werden. Bangladesch folgt mit 24%, Indien mit 12%, Sri Lanka mit 7%, Kambodscha und die Türkei haben jeweils einen Anteil von 6%, der von Vietnam beträgt 5%, der von Myanmar und Pakistan jeweils 4%, Portugal und Nordafrika liegen bei jeweils 2%.

Die Bilanz für das Geschäftsjahr 2019/20 (30.1.) kann sich trotz der Herausforderungen in der britischen High Street sehen lassen. Der Gruppen-Umsatz stieg um 3,3% auf 4,36 Mrd. Pfund, während sich der Vorsteuergewinn leicht um 0,8% auf 728,5 Mrd. Pfund verbesserte. Die Online-Sparte, die um 11,9% zulegte, trug 2,15 Mrd. Pfund zu den Einnahmen bei, während der Umsatz der Retail-Sparte um 5,3% auf 1,85 Mrd. Pfund zurückging. Auf die Bereiche Next Sourcing externe Verkäufe, Franchise, Lipsy non-Next und externe Immobilieneinnahmen entfielen 94,6 Mio. Pfund. Die Sparte Finanzen legte um 7,3% auf 268,7 Mio. Pfund zu.

Im Berichtszeitraum ist die Netto-Verkaufsfläche um 1,2% auf insgesamt 780.000m² gewachsen. Das Next-Filialnetz umfasst 498 Stores sowie 361 Concessions.

Retouren-Management soll verbessert werden

Lord Wolfson betont, dass die Next-Filialen eine wichtige Rolle als integraler Teil des Online-Plattform Liefer- und Retouren-Netzwerks spielen. Fast 50% der Online-Aufträge (mengenmäßig) werden an die Next-Stores geliefert, wo sie von den britischen Kunden abgeholt werden. Über 80% der Retouren bringen die Kunden in die Läden zurück. Deshalb liegt der Fokus auf der Verbesserung der Systeme und Abwicklungen, damit die Kunden ihre bestellte Ware schnell, akkurat und effizient in Empfang nehmen können. Ebenso soll die Bearbeitung der Online-Retouren beschleunigt werden, damit die Ware so schnell wie möglich wieder in den Verkauf kommen kann.

„Welche Auswirkungen das Coronavirus auf unsere Retail- und Online-Verkäufe haben wird, ist überhaupt nicht abzusehen, weil wir eine solche Krise noch nicht erlebt haben,“ sagt Lord Wolfson. Er geht davon aus, dass das Online-Geschäft einen kleinen Teil des Umsatzes auffangen kann, der nicht in den Geschäften gemacht wird. Und es zeige sich, dass einige Produktbereiche sich besser behaupten als andere. Bis jetzt seien die Homeware- und Childrensmode-Verkäufe weniger von der Krise betroffen als die Bekleidungslinien für Erwachsene.




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