Streit um Sonntagsöffnung

Verdi und Kirchen: "Sonntagsöffnung wäre Dammbruch"


Mehr Konsum am Sonntag wird nach Ansicht von Gewerkschaften und Kirchenverbänden nicht dazu beitragen, die Innenstadt nachhaltig zu beleben.
Mehr Konsum am Sonntag wird nach Ansicht von Gewerkschaften und Kirchenverbänden nicht dazu beitragen, die Innenstadt nachhaltig zu beleben.

Die christlichen Kirchen und die Gewerkschaft Verdi laufen Sturm gegen die neuen Initiative für eine grundsätzliche Freigabe von Sonntagsöffnungen. Die sogenannte Allianz für den freien Sonntag wertet den am Montag vorgestellten Vorstoß eines Bündnisses von Warenhaus- und Shopping-Center-Betreibern als einen "weiteren, massiven Angriff auf die Rechtsgrundlagen der gesetzlich geschützten Sonntagsruhe".

Sollten die gesetzlichen Regelungen gelockert werden, wäre dies ein "Dammbruch", befürchtet die Sonntagsallianz. Weitere Branchen und Arbeitgeber würden dann auf Sonntagsarbeit drängen.

"Es ist schlichtweg unwahr, wenn Karstadt-Chef Stephan Fanderl behauptet, Einkaufen sei aktuell ein fundamentaler Teil der Beschäftigung am Sonntag für die Menschen", erklärt Hannes Kreller von der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB). Seinen Angaben zufolge stellte sich vor kurzem die Mehrheit der Münsteraner Bürger gegen mehr Sonntagsöffnungen. "Wir haben erlebt, wie das Recht auf einen arbeitsfreien Sonntag und eine ausreichende Erholungsphase der Angestellten im Einzelhandel untergraben wurde", sagt Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Sie bezieht sich dabei auf die wachsende Zahl an Shopping-Nights, Sonntagsöffnungen und der Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten bis 24 Uhr.

Hinzu komme, dass drei Viertel der Beschäftigten im Handel samstags arbeiten würden. "Das ist jetzt schon eine extreme Belastung für die Beschäftigten und ihre Familien. Eine Ausweitung der Sonntagsarbeit würde dies verschärfen." Darüber hinaus würden ausgeweitete Öffnungszeiten prekäre Beschäftigung fördern. Der Grund: "Die Arbeitgeber decken die verlängerten Öffnungszeiten fast nur noch durch Teilzeitkräfte ab, die hochflexibel arbeiten sollen".

Evangelischer Arbeitnehmerverband warnt vor Spaltung der Gesellschaft

Der Bundesverband der Evangelischen Arbeitnehmerbewegungen (BVEA) warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft, sollte der Anlassbezug zugunsten wirtschaftlicher Interessen aufgeweicht und somit die "grundgesetzlich verankerten Rechte auf Erholung, soziale Begegnung, religiöse Erbauung und persönliche Entfaltung eingeschränkt”, erklärt der BVEA-Vertreter Bernhard Dausend. Seiner Einschätzung nach würde mehr Konsum am Sonntag nicht dazu beitragen, die Innenstadt nachhaltig zu beleben. Zudem seien die großen Warenhausketten längst Mitspieler im Online-Handel. "Verlierer werden einmal mehr die vielen kleineren Geschäfte in den Innenstädten sein, die die Kosten für Sonntagsöffnungen kaum stemmen können", sagt Dausend. "Die Folge wäre eine zunehmende Verödung der Innenstädte", erwartet Verdi-Funktionärin Nutzenberger.

Die Allianz reagiert damit auf eine am Montag vorgestellte Initiative zur völligen Freigabe der Sonntagsöffnung. Bei einer Pressekonferenz in Köln hatten Vertreter der Warenhauskonzerne "Waffengleichheit" mit Online-Händlern, grenznahen Outlets sowie Bahnhofs- und Flughafenhändlern gefordert. Andernfalls würden sich Ladensterben und City-Verödung weiter beschleunigen und Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Vertreter von Galeria Kaufhof, Karstadt und der KaDeWe Group präsentierten sich zu diesem Thema in ungewohnter Eintracht.

Samstag ist der beliebteste Shopping-Tag

Eine aktuelle Verbraucherstudie kann die These, dass die Online-Händler von der derzeitigen Sonntagsregelung stark profitieren, nur bedingt bestätigen. Demnach ist der Samstag mit einem Anteil von 30% der beliebteste Wochentag fürs Online-Shopping. Danach folgt mit großem Abstand der Freitag mit 16% und der Sonntag, an dem 15% der Befragten am liebsten einkaufen.

In der Kategorie "Bekleidung, Schuhe sowie Haus- und Heimtextilien" sind es 14%. Mehr als jeder dritte Online-Mode-Shopper (34%) kauft am liebsten am Samstag bei Amazon, Otto, Zalando & Co ein. Es folgt der Freitag mit 20%.

14% der Online-Mode-Shopper bevorzugen den Sonntag.
bevh
14% der Online-Mode-Shopper bevorzugen den Sonntag.
"Dass Konsumenten am Sonntag online shoppen können, wird oft als Nachteil für den stationären Handel angesehen. Zwar gibt es diesen Effekt, aber es ist bemerkenswert, dass die Deutschen weit lieber am Samstag im Internet einkaufen – also dann, wenn sie eigentlich Zeit hätten, in die Geschäfte zu gehen.", sagt bevh-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer.




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