Die Baumwoll-Alternative Hanf im Fokus

Warum Candiani und Lenzing eine neue Allianz eingehen

Maria Cristina Pavarini
Mit einer limitierten Auflage von 50 Oversize-Hemden für Frauen präsentieren Candiani und Lenzing ihre gemeinsame Materialinnovation.
Mit einer limitierten Auflage von 50 Oversize-Hemden für Frauen präsentieren Candiani und Lenzing ihre gemeinsame Materialinnovation.

Der italienische Premium-Denimweber Candiani und die auf Zellulosefasern spezialisierte Lenzing Gruppe haben die Candiani-Tencel X Coreva Limited Edition Hemp auf den Markt gebracht. Mit dieser Kooperation möchten die Unternehmen die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Branche dafür sensibilisieren, nachhaltigere Wege zu gehen, indem sie zeigen, welche Materialien eine Alternative zu Baumwolle werden können.

Für das gemeinsame Projekt wurde eine limitierte Auflage von 50 Oversize-Hemden für Frauen gefertigt, die im Candiani-Store in Mailand zu sehen sind. Sie bestehen aus einem neuen Coreva-Stretch-Denim, der auch eine innovative Tencel-Variante aus Hanffasern enthält. Der gleiche Stoff ist in limitierter Auflage auch in der Candiani Custom Microfactory erhältlich, die sich ebenfalls in Mailand befindet. Dort können sich die Kunden maßgeschneiderte Jeans fertigen lassen.

Die Bestandteile des Stoffs: Tencel von Lenzing und Coreva von Candiani
Maria Cristina Pavarini
Die Bestandteile des Stoffs: Tencel von Lenzing und Coreva von Candiani
"Wir haben dieses neue Projekt ins Leben gerufen, um unsere Experimente mit neuen nachhaltigen Faserentwicklungen fortzusetzen", erklärt Carlo Covini, Projektleiter Marketing Textilien, Lenzing. "In den letzten Jahren haben wir verschiedene Faserlösungen entwickelt, die den Bekleidungsmarkt dabei unterstützen sollen, nachhaltiger zu werden und zunehmend auf ein Geschäftsmodell der Kreislaufwirtschaft umzusteigen. Vor einigen Jahren haben wir beispielsweise Tencel X Refibra auf den Markt gebracht, eine Technologie, bei der Baumwoll- und Holzabfälle recycelt und zu neuen Tencel-Fasern hinzugefügt werden."

"Vor etwa einem Jahr haben wir die Orange Fiber & Tencel Limited Edition-Initiative ins Leben gerufen", erinnert sich Carlo Covini, Projektleiter Marketing Textilien bei Lenzing zurück.
Carlo Covini
"Vor etwa einem Jahr haben wir die Orange Fiber & Tencel Limited Edition-Initiative ins Leben gerufen", erinnert sich Carlo Covini, Projektleiter Marketing Textilien bei Lenzing zurück.
Und er fährt fort: "Vor etwa einem Jahr haben wir die Orange Fiber & Tencel Limited Edition-Initiative ins Leben gerufen. In diesem Fall haben wir Orangenschalen recycelt, ein weiteres zellulosereiches Material, das aufbereitet zur Herstellung neuer Tencel-Fasern verwendet werden kann." Es sei wichtig, neue Wege in der Industrie zu finden. Dabei räumt Covini aber auch ein: "Natürlich können andere Probleme auftauchen, wenn wir solche alternativen Fasern in industriellem Maßstab herstellen wollen, da jedes Rohmaterial gereinigt und im Voraus aufbereitet werden muss, um unsere Produktionsstandards zu erfüllen."

Als zellulosereiches Material können Orangenschalen richtig aufbereitet zu Fasern recycelt werden.
Luca Distefano
Als zellulosereiches Material können Orangenschalen richtig aufbereitet zu Fasern recycelt werden.
Candiani war gerne bereit, an dem Projekt mitzuarbeiten, da das Unternehmen bereits an anderen, ähnlich zukunftsorientierten Initiativen beteiligt war und viele Gemeinsamkeiten mit Lenzing feststellte. Zum Beispiel handelt es sich bei beiden um europäische Unternehmen, deren Firmensitze nicht sehr weit voneinander entfernt sind. Beide wurden 1938 gegründet und konzentrieren sich auf Forschung und Entwicklung, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit, und teilen ihre Errungenschaften sowohl im B2B- als gelegentlich auch im B2C-Bereich.

"Wir gehen gerne alternative Wege, die dazu beitragen können, die Auswirkungen der Industrie zu verringern und neue Konsummodelle aufzuzeigen", sagt Simon Giuliani, Global Marketing Director bei Candiani. "Nach der Einführung von Re-Gen im Jahr 2018, einem Denim, der zu 50 % aus Tencel X Refibra und zu 50 % aus recycelter Baumwolle sowohl in der Kette als auch im Schuss besteht, wurden wir 2019 mit dem ITMA Sustainable Innovation Award ausgezeichnet. Dann haben wir zusammen mit anderen Innovationen Coreva entwickelt, ein pflanzliches Garn aus Naturkautschuk, aus dem ein dehnbarer, biologisch abbaubarer Denim hergestellt werden kann, der die gleichen Eigenschaften in Bezug auf Elastizität und Haltbarkeit besitzt wie eine normale Jeans."

Simon Giuliani, Global Marketing Director bei Candiani: "Hanf wird in der Denim-Industrie aufgrund seiner Eigenschaften häufig verwendet: Er wächst leicht, braucht wenig Wasser, benötigt keine Chemikalien oder Pestizide und die Pflanze kann vollständig verwendet werden."
Candiani Denim
Simon Giuliani, Global Marketing Director bei Candiani: "Hanf wird in der Denim-Industrie aufgrund seiner Eigenschaften häufig verwendet: Er wächst leicht, braucht wenig Wasser, benötigt keine Chemikalien oder Pestizide und die Pflanze kann vollständig verwendet werden."
Die neuen Denim-Hemden werden aus etwa 20% Tencel Limited Edition Hanffasern, 68% Bio-Baumwolle und 2% Coreva hergestellt und zum gleichen Preis wie ein Candiani Coreva Denim-Hemd für 185 Euro im Einzelhandel verkauft.

Giuliani fuhr fort: "Hanf wird in der Denim-Industrie aufgrund seiner Eigenschaften häufig verwendet: Er wächst leicht, braucht wenig Wasser, benötigt keine Chemikalien oder Pestizide und die Pflanze kann vollständig verwendet werden. Trotzdem gibt es ein Problem mit dem Griff. Lenzing hat eine Technik entwickelt, um eine superweiche Faser zu erhalten, und wir bei Candiani haben sie mit einem supernatürlichen Stretch-Denim kombiniert. Das Ergebnis ist großartig, auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit."

Die Adresse des Mailänder Candiani-Stores: Corso di Porta Ticinese 22
Maria Cristina Pavarini
Die Adresse des Mailänder Candiani-Stores: Corso di Porta Ticinese 22
"Wir bieten diese Hemden an, weil wir sie natürlich verkaufen wollen, aber auch, um zu sehen, wie die Verbraucher darauf reagieren. Es ist wichtig, wie wir die Eigenschaften jedes unserer neuen Produkte erklären. Davon können sich dann auch die Marken inspirieren lassen, an die wir unsere Stoffe verkaufen", betont Giuliani.

Der Candiani-Store, der kürzlich umgestaltet wurde und nun einige Nähmaschinen im Eingangsbereich beherbergt, hat sich ebenfalls weiterentwickelt, um eine andere Beziehung zum Verbraucher aufzubauen. "Hier können die Kunden um kleine Anpassungen ihres Kaufs bitten - sei es ein Saum, eine kleine Änderung der Passform oder eine Reparatur", erläutert Giuliani.

Reparieren statt wegwerfen: Dafür setzt sich Candiani ein.
Maria Cristina Pavarini
Reparieren statt wegwerfen: Dafür setzt sich Candiani ein.
"Oder wenn die Verbraucher nach einem Jahr ein kleines Dekor hinzufügen möchten, das ihre Jeans oder Chinos frischer und neuer aussehen lässt, können wir das tun. Und nicht zuletzt wollen wir ihnen beibringen, dass sie ihrem Geschäft vor Ort vertrauen können. Dort finden sie stets hilfsbereites Fachpersonal vor und müssen ihre Jeans nicht schon nach wenigen Monaten wegwerfen, falls etwas kaputt geht oder ihnen etwas nicht mehr gefällt."



stats