Donald Schneider produziert mit Donald Schneider Studio internationale Kampagnen für Fashion- und Lifestyle-Brands. Er ist der kreative Kopf hinter vielen Kooperationen, angefangen bei der legendären Zusammenarbeit von Karl Lagerfeld und H&M.
Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf?Ersteinmal musste ich mich da richtig sammeln. Bisher hat man sich ja immer nur gefragt: Was macht er als nächstes? Welche Ideen und Projekte kommen wohl? Denn Virgil Abloh hatte ja immer einen gigantischen Output. Und jetzt findet man sich in einer Situation, in der man auf einmal über seine Legacy nachdenkt, zurückblickt und schaut, was er alles geschaffen und auch verändert hat.
Was ist aus Ihrer Sicht das besondere an Ablohs Arbeiten?Zum einen ist er derjenige, der wirklich verantwortlich dafür ist, dass Thema Street in der Fashion-Welt zu verankern. Natürlich probieren das viele andere Designer auch, aber er ist einfach derjenige, der es umfassend geschafft hat. Er musste sich das ja auch nicht irgendwo abschauen oder aneignen, sondern kam selbst aus dieser Welt. Bei ihm war immer alles authentisch. Und er konnte es exzellent vermitteln, rhetorisch gut erklären, weil er einfach sehr intelligent war.
Mehr zum Thema
Highsnobiety-CEO zum Tod von Virgil Abloh
"Unvorstellbar, dass er nicht mehr da ist"
Wohl kaum ein Portal hat so engmaschig über Virgil Abloh und sein Wirken berichtet wie Highsnobiety. Jetzt ist der Fashion- und Streetwear-Pionier im Alter von gerade einmal 41 Jahren verstorben. Im TW-Interview spricht Highsnobiety-Gründer und CEO David Fischer über den Ausnahmedesigner.
Als Virgil Abloh 2018 Chefdesigner für die Menswear von Louis Vuitton wurde, haben Sie bereits im TW-Interview Großes vorhergeahnt. Doch seine Karriere begann schon viel früher. Wann trat Virgil Abloh bei Ihnen erstmals auf den Schirm?Das war sicherlich zu den Anfängen von Off-White. Ich weiß noch, dass es mich zunächst überrascht hat, dass die Marke über die New Guards Group in Mailand gesteuert wurde und nicht aus den USA heraus. Und dann ging der Aufstieg ja relativ schnell. Dass die Person Virgil Abloh noch stärker in den Vordergrund rückte als die Marke Off-White, kam sicherlich spätestens mit "The Ten" und Nike. Vorher wurde Abloh oft auch mit Kanye West assoziiert, aber da wurde er dann schon längst davon emanzipiert wahrgenommen.
Sie selbst haben das Genre der Kooperationen von Luxus und Mainstream als Erfinder der Zusammenarbeit von Karl Lagerfeld und H&M quasi mitbegründet. Das war 2004. Hat es Sie überrascht, dass eine Collab wie die von Abloh mit Ikea dann 15 Jahre später noch so einen Hype entfacht hat − das Prinzip war ja im Grunde ähnlich.Einerseits ja, denn das Echo war schon gewaltig. Andererseits waren die Mechanismen dann andere. Bei Karl für H&M war er der Star, der alles überstrahlt hat. Bei den Kooperationen von Virgil Abloh war es immer so, dass er seine ganze Community, bis hin zu Kanye West, überall hin mitgenommen hat. Und das wiederum eine enorme Aufmerksamkeit erzeugt hat. Er hat der Community neue Räume eröffnet, hat sie in die Luxuswelt mitgenommen und auch zu Ikea, Virgil Abloh hatte eine unglaubliche Bandbreite, von Louis Vuitton über Ikea bis hin zu Vitra oder Mercedes Benz.
Und er hat verschiedene Zielgruppen damit angesprochen.Ja genau, und er hat gezeigt, dass es funktionieren kann, dass die Ängste, die es bei vielen Marken noch gibt, dass man mit mutigen Kooperationen bestehende Zielgruppen verprellen könnte, unberechtigt sind.
Welche der vielen Arbeiten Ablohs hat Sie besonders berührt?Richtig umgehauen hat mich das Video zur Louis Vuitton Men 2021-Kollektion. Ich habe das Video seit dem Launch immer wieder angeschaut. Es ist einfach unfassbar vielschichtig! Auch James Baldwins Essay "Stranger in the village" von 1953, auf das Abloh hier Bezug nimmt, habe ich danach gelesen. Ich interessiere mich ja immer sehr für die Kommunikation, fast schon mehr als für das Produkt. Und da sieht man hier eine geniale Inszenierung aus Tanzperformance, Poetry und Rap. Mit einem sehr coolen Cast und einem Setting, das an den Pavelló Mies Van Der Rohe in Barcelona erinnert aber auch an Matrix. Das alles so neu zu kombinieren, hat nichts mehr mit althergebrachten Ansätzen zu tun. Und im Mittelpunkt immer die Message, die Virgil Abloh wichtig war: Es sind nicht die Kleider, die den Menschen machen, sondern die Menschen, die die Kleider machen.
Mehr zum Thema
Zum Tode des Designers
Streetwear als Kunst – die Welt des Virgil Abloh
Vor fast drei Jahren hat Tobias Bayer, Italien-Korrespondent der TextilWirtschaft, Virgil Abloh bei einer Veranstaltung in Mailand erlebt. Damals hat er die TW-Leser in der Print-Ausgabe in Ablohs Welt aus Makern, DJs und kleinen Marcel Duchamps mitgenommen. Anlässlich des Todes des visionären Designers veröffentlichen wir den Text vom Januar 2019 erstmals online.