Online-Optimist: Otto Group-Chef Alexander Birken prognostiziert für das laufende Geschäftsjahr ein Ebit im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Nach 22 Mio. Euro im vergangenen Geschäftsjahr.
Bei der Otto Group haben sich die Ergebniszahlen im vergangenen Geschäftsjahr (28. Februar) deutlich verschlechtert. Wie der Handels- und Dienstleistungskonzern auf seiner Bilanzpressekonferenz in Hamburg mitteilte, sank das Ergebnis vor Steuern (Ebt) von 1,86 Mrd. Euro auf minus 224 Mio. Euro.
Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) schrumpfte von 677 Mio. Euro auf 22 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hat sich mehr als halbiert: Es sank von 1,2 Mrd. auf 589 Mio. Euro. Als Hauptgründe für diese Entwicklungen führt der Konzern unter anderem die Inflation und die daraus resultierende negative Konsumstimmung an. Hinzu sei das hohe Volumen der Warenvorbestellungen gekommen, die auf Basis "gänzlich anderer Wirtschaftsprognosen" für das Geschäftsjahr 2022/23 getätigt worden seien.
In der Folge habe das Handelsunternehmen viele Produkte über Rabatte abschleusen müssen. Darüber hinaus habe die Otto Group unter temporären Belastungen gelitten, die durch die Investitionen in die Logistik und die Tranformation des Online-Händlers
Otto.de in eine Plattform entstanden seien.
Umsatz schrumpft um 2%
Der Umsatz lag mit 16,2 Mrd. Euro auf vergleichbarer Basis 2% niedriger als im Vorjahr, als die Erlöse noch um 12,9% gewachsen waren. Im Heimatmarkt Deutschland gingen die Umsätze um 9,2% auf 9 Mrd. Euro zurück. Im Ausland wuchs das Geschäft hingegen um 9,6% auf knapp 7,2 Mrd. Euro.
Die weltweiten E-Commerce-Umsätze lagen mit 12 Mrd. Euro annährend auf dem Niveau des Vorjahres (12,1 Mrd. Euro). Damals war das Volumen um 12% gestiegen. Finanzchefin Petra Scharner-Wolff betonte aber auf der Pressekonferenz, dass sich der Umsatz immer noch 35% über dem Niveau der Vor-Corona-Zeit bewege.
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Lascanas halbe Milliarde
Lascana knackt die halbe Milliarde. Die Umsätze der Otto Group-Tochter kletterten im Geschäftsjahr 2022/23 um 18% auf 515 Mio. Euro.
"Die Zahlen zeigen, dass auch wir uns dem Markttrend nicht entziehen konnten. Die sehr bewegten und bewegenden Zeiten vor dem Hintergrund des grauenvollen Krieges in der Ukraine, der Energiekrise, der Inflation und der damit einhergehenden Konsumflaute schlagen sich auch in unseren Geschäften nieder", erklärt Otto Group-Chef Alexander Birken.
Seinen Angaben zufolge hat sich die Konsumzurückhaltung vor allem bei den Online-Warenkörben gezeigt. Diese seien kleiner geworden, weil die Kunden ihr Geld zusammengehalten hätten. In der Folge seien teurere Güter wie Möbel und Kühlschränke deutlich weniger nachgefragt worden. Die Otto Group habe aber trotz der schwierigen Umsatzentwicklung so gut wie keine Kunden verloren.
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Unito: Konzernumsatz sinkt um 8% – Otto Österreich legt aber kräftig zu
Die Otto Group-Tochter Unito (u.a. Universal, Quelle und Lascana) ist im vergangenen Geschäftsjahr krisenbedingt auf 363 Mio. Euro geschrumpft. Die Kerngesellschaft Otto Österreich konnte aber um 9% zulegen. Positiv haben sich auch das Textilsortiment, der M-Commerce und die Retourenquote entwickelt.
"Wir steuern aber mit ruhiger Hand durch die Krise", beteuert Birken, der schon seit 1991 im Konzern arbeitet. Dessen Mitarbeiter hätten während des langjährigen Transformationsprozesses gelernt, sich immer wieder auf neue Trends einzustellen.
So haben sich die einzelnen Konzernbereiche entwickelt
- Das Plattform-Segment zu dem Otto und About You gehören, wies wie im Vorjahr einen Umsatz in Höhe von rund 6,5 Mrd. Euro aus. Auf vergleichbarer Ebene gingen die Erlöse jedoch um 6,2% zurück. Der börsennotierte Online-Modehändler About You ist um 10% auf 1,9 Mrd. Euro gewachsen. Der bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hat sich mit einem Plus von fast 105% auf 137 Mio. Euro mehr als verdoppelt.
Bei Otto.de ging das Brutto-Transaktionsvolumen (GMV) um 8,3% auf 6,3 Mrd. Euro zurück. Der Umsatz, den die Hamburger in der eigenen Handelssparte erwirtschaftet haben, sank um 13,3% auf 4,52 Mrd. Euro nach 5,12 Mrd. Euro im Vorjahr. Der Gewinn sei "negativ" ausgefallen, sagte Otto-Chef Marc Opelt Mitte März der Nachrichtenagentur dpa. - Im Segment Händler, zu dem unter anderem der Versender Baur inklusive der österreichischen Tochter Unito (Otto.at, Lascana, Universal, Quelle und I'm Walking), der Online-Shopping-Club Limango, der Jagdmode-Anbieter Frankonia, der Multichannel-Händler Manufactum und der britische Haushaltswaren-Anbieter Freeman Grattan gehören, reduzierte sich der Umsatz um 7,2% auf 2,3 Mrd. Euro. Baur verlor 9,5% seines Umsatzes, der damit nur noch bei 876 Mio. Euro lag. Bei Unito ging der Umsatz um 8% auf 363 Mio. Euro zurück.
Bei Limango ist die Wachstumsrate nach Auskunft von Birken im einstelligen Prozentbereich gesunken. Laut Bundesanzeiger hatte der Berliner Online-Offprice-Anbieter im Vorjahr noch um fast 12% auf 401,9 Mio. Euro zugelegt. Der Gewinn nach Steuern schnellte sogar um knapp 37% auf 19,85 Mio. Euro empor.
Birken erklärt das verlangsamte Wachstumstempo im vergangenen Geschäftsjahr mit der Verunsicherung der Limango-Zielgruppe der jungen Familien, die in der Regel nicht besonders viel Geld zur Verfügung hätten. Somit sei es schwierig gewesen, Produkte auf Limango.de zu verkaufen, die man nicht unbedingt kaufen müsse. "Must-haves wie Kinderschuhe sind aber sehr gut gelaufen."
Insgesamt habe sich Limango besser als der gesamte deutsche E-Commerce entwickelt. Dieser war 2022 um 8,8% auf 90,4 Mrd. Euro geschrumpft. Zum Ergebnis wollte sich Birken nicht äußern. Bei der Dessous- und Wäschemarke Lascana kletterten die Umsätze im vergangenen Geschäftsjahr um 18% auf 515 Mio. Euro.
- Das Segment Markenkonzepte legte auf vergleichbarer Basis um 2,3% auf rund 5,9 Mrd. Euro zu, was der Konzern vor allem auf die "starke Performance" des US-amerikanischen Möbelfilialisten Crate and Barrel zurückführt. Zu dem Segment gehören auch der Modeversender Bonprix inklusive der US-amerikanischen Bademodemarke Venus und die Witt-Gruppe mit dem Modeversender Heine und dem Big Size-Anbieter Sheego. Bonprix hatte bereits Anfang Mai ein Umsatzminus von rund 9% auf 1,76 Mrd. Euro vermeldet. Bei der Witt-Gruppe schrumpfte das Geschäft um 4,3% auf rund 1,18 Mrd. Euro.
- Die Service-Sparte, zu der die Baur-Logistik, Girard Agediss, der Hermes-Einrichtungsservice, Hermes Fulfilment, Otto International, Evri und Hermes Germany zählen, büßte auf vergleichbarer Basis 2,9% des Umsatzes ein und erlöste somit 390 Mio. Euro.
Die Umsatzerlöse aus den Paket-Distributionsaktivitäten von Hermes Germany in Deutschland sowie von Evri in Großbritannien werden seit dem Geschäftsjahr 2020/21 nicht mehr in den Konzernabschluss der Otto Group einbezogen. - Sehr positiv entwickelte sich hingegen das Segment Finanzdienstleistungen, das vor allem die EOS-Gruppe umfasst. Dort lagen die Umsätze bei 983 Mio. Euro gegenüber 813 Mio. Euro im Geschäftsjahr 21/22. Das entspricht einem Zuwachs von über 24%.
Die Netto-Finanzverschuldung stieg von 714 Mio. Euro auf 2,81 Mrd. Euro, hat sich also fast vervierfacht. Die langfristigen Schulden beliefen sich laut
Geschäftsbericht am 28. Februar auf 8,99 Mrd. Euro, nach 7,34 Mrd. Euro im Vorjahr. Die kurzfristigen Schulden erhöhten sich um 400.000 Euro auf 6,75 Mio. Euro. Laut Birken ist ein Teil der Schulden durch den Ausbau der Logistik und des neuen Geschäftsfelds Digital Health entstanden. "Außerdem haben wir sehr beherzt in Finanzdienstleistungen investiert, zum Beispiel indem wir Forderungspakete gekauft haben."
Es sei dennoch nicht geplant, neue Anleihen auf den Finanzmärkten aufzunehmen. "Darauf sind wir derzeit nicht angewiesen", betont Birken. Die Otto Group hatte sich zuletzt im August 2022 Kapital am Schuldschein-Markt besorgt. Das
Darlehen belief sich auf 382 Mio. Euro. Das Geld sollte unter anderem in den Ausbau des Logistiknetzwerks fließen.
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Debüt am Schuldschein-Markt: Otto.de hat ein Schuldschein-Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 382 Mio. Euro begeben. Das frische Kapital soll unter anderem den Ausbau des Logistiknetzwerkes finanzieren. Zuletzt hieß die Strategie in Hamburg: Entschuldung. Wie passt das mit der aktuellen Transaktion zusammen?
So lautet die Prognose für 2023/24
Für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert der Konzernchef Birken ein stabiles Umsatzniveau und ein Ebit im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich, nach 22 Mio. Euro im vergangenen Geschäftsjahr. "Wir erleben gerade große Unsicherheiten und erwarten keinen Rückenwind vom Markt. Deshalb sind wir sehr vorsichtig unterwegs", erklärt Birken.
Seiner Einschätzung nach wird es aber eine Normalisierung im Konsum geben. "Der Online-Handel wird wieder wachsen. Wir wissen aber noch nicht, wann und wie stark er zulegen wird." Das Wachstum werde aber voraussichtlich nicht so groß ausfallen wie in der Corona-Zeit.
"Das Thema Ergebnis hat Priorität"
Der Fokus werde aber klar auf der Verbesserung des operativen Gewinns liegen. "Das Thema Ergebnis hat Priorität. Wir sind nicht bereit, neue Marktanteile teuer zu erkaufen. Heute ist nicht die Zeit für massive Wachstumsquoten", meint der Diplom-Betriebswirt. Er geht davon aus, dass sich der Ertrag im laufenden Geschäftsjahr wieder normalisiert.
Unter anderem, weil die Frachtkosen gesunken seien und sich die Strompreise in "die richtige Richtung" bewegten. Hinzu komme, dass der Konzern zuletzt deutlich defensiver Ware eingekauft habe als im Vorjahr. Dadurch sinke die Gefahr, erneut Ware mit hohen Rabatten abschleusen zu müssen. Das werde sich voraussichtlich positiv auf die Waren-Rohertragsquote auswirken.
„Wir sind nicht bereit, neue Marktanteile teuer zu erkaufen. Heute ist nicht die Zeit für massive Wachstumsquoten.“
Alexander Birken, Otto Group
Zudem kündigte der 58-Jährige an, die relevanten strategischen Investitionen "mit Augenmaß" weiter voranzutreiben. Laut Geschäftsbericht hatte die Otto Group 2022/23 rund 755 Mio. Euro in den Ausbau des Geschäfts gesteckt. Davon flossen 332 Mio. Euro in die Service-Sparte, 81 Mio. Euro in die Markenkonzepte, 76 Mio. Euro in die Plattformen, 26 Mio. Euro in die Handelsformate und 20 Mio. Euro in die Finanzdienstleistungen.
Fast 600 Mio. Euro investiert
Im Vorjahr hatten sich die Investitionen noch auf 2,34 Mrd. Euro belaufen. Wenn man die letztjährigen Investitionen um die Vollkonsolidierungen von About You und der Megdate-Gruppe bereinigt, betrug die Gesamtsumme 597 Mio. Euro. Nach 301 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2021/22.
Im laufenden Geschäftsjahr will die Otto Group nach eigenen Angaben einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag einsetzen, um die Bedürfnisse der Bestandskunden noch besser erfüllen und neue Kunden gewinnen zu können.
Zwei große Logistikprojekte
Zu den aktuellen Projekten gehören unter anderem der Bau eines neuen Logistikzentrums in der westpolnischen Stadt Ilowa sowie der Ausbau und die Modernisierung des Logistikstandorts Altenkunstadt in Oberfranken. Der polnische Standort soll im Frühjahr 2024 seinen Betrieb aufnehmen. Birken erhofft sich davon unter anderem eine Verbesserung der Dienstleistung Next Day Delivery. Anfang kommenden Jahres sollen auch die Arbeiten in Altenkunstadt abgeschlossen sein, wo Konzernangaben zufolge eines der "größten und modernsten Fulfillment-Center in Europa" entsteht.
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800 Mitarbeiter betroffen
Otto Group stellt My Toys und Mirapodo ein
Das Spiel ist aus: Der Hamburger Handelskonzern Otto Group stellt den Geschäftsbetrieb seiner Multichannel-Tochter My Toys ein. In der Folge werden nicht nur die 19 Stores, sondern auch die Verwaltung des Spiele- und Kindermode-Händlers in Berlin geschlossen. Der Prozess soll bis spätestens Ende Februar 2024 abgeschlossen sein. Die Markenrechte übernimmt Otto.de. Der zur My Toys Group gehörende Online-Schuhhändler Mirapodo wird komplett eingestellt.
"Wir fokussieren uns auf erfolgreiche Geschäftsmodelle, die eine überdurchschnittliche Performance haben. Damit bleiben wir handlungsfähig und werden weiterhin chancenorientiert unterwegs sein", erklärt Birken. Zu dieser Strategie gehöre es auch, Bereinigungen im Portfolio vorzunehmen. Jüngstes Opfer ist die
My Toys Group, die
zum Ende des laufenden Geschäftsjahres (28. Februar 2024) eingestellt wird. Der Grund: "My Toys kommt langfristig nicht in die Gewinnzone. Wir werden die Marke aber auf Otto.de weiterführen."
My Toys schrumpt um 11%
Wie ein Konzernsprecher auf Anfrage der TextilWirtschaft mitteilte, sank der Umsatz des Berliner Unternehmens, das neben Spielzeug auch Kinder- und Babymode verkauft, um 11% auf 803 Mio. Euro. Zum Verlust macht die Otto Group nur vage Angaben: "Mytoys konnte seit Jahren keine solide wirtschaftliche Performance und erforderliche Rentabilität erreichen und ist nachhaltig defizitär."
Laut Bundesanzeiger war es dem Online-Händler und Plattform-Betreiber, der zum Segment Händler gehört, im Geschäftjahr 2021/22 noch gelungen, den Verlust nach Steuern (Ebt) um 18,6% auf rund 7,93 Mio. Euro zu senken. In den Vorjahren hatte das Minus meistens bei über 10 Mio. Euro gelegen. Zum aktuellen Stand der My Toys-Abwicklung wollte Birken keine konkreten Angaben machen, da die Gespräche über den Personalabbau noch liefen.
Verlängert Birken seinen Vertrag?
Ähnlich bedeckt zeigte sich der Manager bei der Frage nach seiner eigenen beruflichen Zukunft. Für die Vorstände der Otto Group gilt eine Altersgrenze von 60 Jahren. Und Birken wird Ende kommenden Jahres das nächste Lebensjahrzehnt erreichen. "Bis dahin ist noch etwas Zeit. Wir werden das Thema daher erst Anfang kommenden Jahres angehen." Er werde aber "definitiv" mit dem Konzern verbunden sein. "Ich bin seit über 30 Jahren hier. Daher ist eine große Leidenschaft für die Otto Group vorhanden."
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Der HDE hat die Prognosen für den deutschen E-Commerce deutlich gesenkt. Zudem veröffentlichte der Handelsverband zahlreiche interessante Daten zum letztjährigen E-Fashion-Commerce in Deutschland. So sind etwa die Erlöse im Vorjahresvergleich leicht gesunken. Das Gleiche gilt für den Anteil am gesamten Modehandel. Die stationären Textilhändler haben ihr Online-Geschäft deutlich zurückgefahren. Die Pro-Kopf-Ausgaben für Modekäufe im Netz haben sich hingegen zweistellig erhöht.