Das Shutdown-Protokoll von L&T-Geschäftsführer Thomas Ganter

Woche 2 bei L&T: "Der Worst Case ist inzwischen der Best Case"

Als eines der ersten Modehäuser in Deutschland schloss Lengermann&Trieschmann in Osnabrück seine Türen. Hier berichtet L&T-Geschäftsführer Thomas Ganter von seinem neuem Alltag im Shutdown.#/AB#

Woche 2

Innerhalb weniger Tage hat L&T einen WhatsApp-Service für seine Kunden eingerichtet. Diese können nun über den Messenger-Dienst Bestellungen aufgeben, die dann von Mitarbeitern inhouse gepickt und verschickt bzw. innerhalb eines kleinen Radius auch direkt ausgeliefert werden. Im TW-Interview spricht Thomas Ganter über die Motivation der Mitarbeiter, Marketing für die Wiedereröffnung und das Breitband-Antibiotikum in der Wirtschaftskrise. 

TextilWirtschaft: Herr Ganter, seit zwei Wochen ist L&T geschlossen. Wie ist die Stimmung im Unternehmen?
Thomas Ganter: In einer Zeit wie dieser ist ein konstanter Informationsfluss zu den Mitarbeitern extrem wichtig. Wir erreichen inzwischen rund 90% über unsere interne Beekeeper-App. Wir bekommen über dieses Medium wirklich herzzerreißende Nachrichten. Mitarbeiter schreiben uns, wie sehr sie L&T vermissen. Es ist ja auch für viele fast wie eine Familie, wenn man sechs bis acht Stunden täglich zusammen ist. Viele Mitarbeiter schicken uns Home-Stories. Und wir schicken fast täglich Nachrichten, wie die Lage bei uns ist, wo wir in der Finanzierung stehen, woran wir gerade arbeiten. Das kommt sehr gut an. Also insgesamt ist die Moral gut. Wir sind allerdings auch erst in der zweiten Woche angekommen. Spannend wird es, wenn der April weiter fortgeschritten ist. Wenn sich unter Umständen herausstellt, dass wir doch nicht am 20. April wiedereröffnen können.


Sie rechnen mit einer Verlängerung des Lockdowns?
Wir stellen uns darauf ein, dass wir tatsächlich in eine Verlängerung gehen könnten. Der Worst Case 18.4. ist inzwischen der Best Case. Darüber hinaus rechnen wir damit, dass es weiter Einschränkungen des öffentlichen Lebens geben wird. Diese werden es uns weiterhin erschweren, endlich wieder Umsätze zu machen. Dennoch bereiten wir alles für den Revival Day vor.


Den Revival Day?
So nennen wir unseren Tag der Wiedereröffnung, wenn L&T wieder zu neuem Leben erwacht. Aktuell arbeiten wir an verschiedenen Marketingaktionen, auch speziell für unsere Kundenkartenbesitzer. Wir bereiten Kampagnen vor, die im Vorfeld laufen sollen, aber auch für die Zeit, wenn es richtig losgeht. Ich befürchte nur, dass wir viele Dinge in der Schublade lassen müssen, weil es uns nicht erlaubt sein wird. Frequenzwerbung zum Beispiel.


Neben Mitarbeitern und Marketing, welche Themen standen in dieser Woche oben auf ihrer Agenda?
Nummer eins ist sicherlich das Thema Liquidität. Das schwebte über allem. Bei den Banken sind wir aktuell durch mit der Liquiditätsbeschaffung. Wir haben jetzt genügend Mittel, um die nächsten Wochen zu überstehen. Dabei hilft uns jetzt, dass wir in den vergangenen Jahren stets bewiesen haben, dass wir ein sehr gut funktionierendes Geschäftsmodell haben, gute Bilanzen und immer eine hervorragende Bonität hatten. Wir rufen nun nur das ab, was wir gerade brauchen. Der größte Block sind aktuell die Überweisungen ans Personal.


Sie wollten auch KfW-Mittel beantragen. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Die KfW-Unternehmerkredite gelten ja gerade als das Breitband-Antibiotikum in der Wirtschaftskrise. Und natürlich freuen wir uns über die Mittelbereitstellung. Das Problem ist allerdings, dass die KfW-Darlehen erst frühestens Mitte April zur Auszahlung kommen. Außerdem bleibt der KfW-Kredit ein Darlehen. Darlehen sind zwar gut, helfen schnell, aber sie führen dazu, dass wir alle in hohem Maße Schuldner vom Staat werden und die nächsten Jahre damit beschäftigt sind, die Kredite  wieder zurückzuzahlen. Für eine Schließung, die richtig in der Sache ist, die wir aber nicht gewollt haben. Daher plädieren wir für Zuschüsse. In Österreich entwickelt sich hier gerade eine gute Lösung. Letztlich geht es um die Frage, ob man in Europa die Kultur einer lebendigen Innenstadt haben möchte oder nicht.


Eng mit der Liquiditätsfrage ist das Thema Ware verknüpft. Wie bewerten Sie die Lage in der zweiten Woche des Shutdowns?
In den ersten Tagen war es erst einmal wichtig, die Ware zu stoppen. Unsere Logistik hat eine sehr beschränkte Lager-Kapazität. In den nächsten Wochen müssen wir uns dann konkreter mit der Frage auseinandersetzen, wann genau wir wieder eröffnen und welches Warenproblem wir dann zu diesem Zeitpunkt haben werden. Wir arbeiten an einer Lösung dieses Problems. Schön wäre eine partnerschaftliche Lösung zwischen Lieferanten und Handel. Wir müssen den Schaden möglichst gleich verteilen. Es nützt keinem der alleinige Sieger zu sein. Klar ist auch: je länger die Schließung dauert, desto größer wird das Problem.

Woche 1 

Am 17. März muss L&T in Osnabrück wie die meisten Einzelhändler in Niedersachsen schließen. Die entsprechende Ankündigung kommt am Vorabend um 18:30 Uhr. Wenige Stunden später verabschieden sich die Geschäftsführer Mark Rauschen und Thomas Ganter mit einem emotionalen Instagram-Post vorerst von ihren Kunden.

L&T im Lockdown





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