Dominik Bossert, Geschäftsführer Maryan Beachwear Group, unterstützt die ukrainischen Partner.
Die Maryan Beachwear Group arbeitet seit einem Jahrzehnt mit zwei hoch spezialisierten, ukrainischen Produzenten in Lwiw und Mykolajiw zusammen. Der Überfall auf die Ukraine stellte sowohl den Bademode-Hersteller als auch seine Partner vor immer neue, überraschende Herausforderungen, berichtet Geschäftsführer Dominik Bossert.
"Mittlerweile haben wir fast freundschaftliche Beziehungen", berichtet Geschäftsführer Dominik Bossert. "Und es war und ist für uns selbstverständlich, unsere Partner in dieser Ausnahmesituation so gut wie möglich zu unterstützen."
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"Mit einem Restrisiko vernünftig und gut produzieren"
Seit genau einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine. Dem Schock auf den Angriff Russlands auf das Nachbarland folgte eine immense Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft, die auch zwölf Monate später noch anhält. Für die Modebranche ist die Ukraine teils Produktionsland, teils Absatzmarkt. Die Menschen und die Partner vor Ort unterstützen und übernehmen Verantwortung. Einer davon ist der Hosenhersteller Dr. Bock Industries.
Das familiengeführte Unternehmen mit Sitz im süddeutschen Murg ist spezialisiert auf hochwertige Swimwear unter den Marken Maryan Beachwear, Watercult, Lidea und Charmline. "Wir führen kein Vollgeschäft durch, sondern stellen an unserem deutschen Firmensitz die zu fertigenden Produkte mit allen Zutaten zusammen, liefern diese Pakete dann an unsere Partnerbetriebe in der Ukraine aus", beschreibt Bossert die Zusammenarbeit.
Zu Kriegsbeginn, als der Südosten der Ukraine stark unter Beschuss stand, kam es zum Stillstand der Produktion. Bossert: "Der Kriegsausbruch am 24. Februar brachte alle Lieferketten stark durcheinander. Wir wussten anfangs nicht, wo und in welchem Zustand sich Zuschnitt und Zutaten befanden. Und ob und wann noch produziert werden konnte. Natürlich ging uns Ware verloren. Durch die schnelle Reaktion unserer Zulieferer konnten wir zwar einen Großteil der verlorenen Saisonware wieder kompensieren und Vororders nachproduzieren. In einigen Fällen mussten wir jedoch Warenwerte schlichtweg abschreiben."
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"Ein Ort, an dem man dem grausamen Alltag entfliehen kann"
Als der neue Store der ukrainischen Marke Cher’17 in den einschlägigen Architektur-Blogs auftaucht, beeindruckt nicht nur das Ladendesign. Es schwingt sofort eine Frage mit: Wie eröffnet man in Kriegszeiten einen neuen Laden mitten in Kiew? Die TextilWirtschaft hat mit der Label-Gründerin Tatyana Parfileva über Modehandel in Kriegszeiten, die Sorge vor der Zukunft und kleine Inseln im Kriegsalltag gesprochen.
Heute, nach einem Jahr Krieg, versuchen sich sowohl das Mehlhorn-Team als auch die zwei ukrainischen Partner so gut wie möglich auf die neue Ist-Situation einzustellen. Bereits 2014 musste einer der beiden Produzenten vor der russischen Annexion aus dem Donbass fliehen, konnte im Westen der Ukraine nahe Lwiw (Lemberg) einen neuen Betrieb aufbauen.
Der zweite Partnerbetrieb liegt in der südukrainischen Stadt Mykolajiw, die 60 Kilometer vom umkämpften Cherson entfernt ist. "Dieser Partner will so lange wie möglich den rund zwanzig Näherinnen am Ort noch die Möglichkeit geben, Geld zu verdienen. Die Frauen und ihre Familien können schließlich nicht fliehen", berichtet Bossert.
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"Ein Fashion Store als Tür zu einer anderen Welt" – diese Überschrift steht über der Mitteilung, die das ukrainische Architekturbüro Temp Project anlässlich der Eröffnung des siebten Ladens des ukrainischen Labels Cher‘17 verfasst hat. Sie könnte kaum passender sein. Denn mitten im Krieg haben sie in Kiew ein neues Geschäft entworfen, das mit einem spannenden Ladendesign von sich reden macht.
Parallel baut der Lieferant bei Czernowitz nahe der rumänischen Grenze eine zweite Produktionsstätte auf, in der neue Näherinnen angelernt werden. "Wir unterstützen diesen Zweitbetrieb mit zusätzlichen Schulungen und Einarbeitungszeiten, damit die Näherinnen schnell auf das hohe Produktionsniveau kommen", erklärt Bossert. "Zusätzlich helfen wir mit einer Reisetechnikerin, die Ukrainisch spricht und von Deutschland aus bei technischen Fragen hilft, in Video-Konferenzen übersetzt."
"Wir verzichten auf Marge"
Auch bei wirtschaftlichen Problemen steht der Familienbetrieb den Partnern zur Seite. Bossert: "Seit Kriegsbeginn gibt es für Transport und Logistik hohe Risikozuschläge. Wir übernehmen diese Kosten, verzichten auf Marge, um unsere Zulieferer in der Ukraine zu entlasten. In der Produktion planen wir jetzt längere Fertigungszeiten ein. Wenn beispielsweise vor Ort eine Woche lang der Strom ausfällt, dann fehlen auch Produktionsminuten für eine ganze Woche. Hier versuchen wir anders zu planen, fertigen beispielsweise an beiden Standorten mehr NOS, das wir auf Lager legen können."
Doch es geht auch um ganz konkrete humane Hilfe. Bossert: "Aktuell haben wir zwei geflohene Näherinnen aus unseren Partnerbetrieben am Standort Murg aufnehmen können. Drei weitere konnten wir an unseren Betrieb nach Tschechien vermitteln."
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