Unito-Geschäftsführer Harald Gutschi: „Es wird 2021 einen bis dato nicht gekannten Digitalisierungs-Push geben."
Bei der Grazer Versendergruppe Unito sind die Umsätze um fast 3% gesunken. Seit März wachsen die Umsätze zweistellig, außer im Textilgeschäft. Dort stürzten die Erlöse zweistellig ab. Für die Zeit ab Juni erwartet Konzernchef Harald Gutschi eine Rabattschlacht und ein Händlersterben.
Die Grazer Versendergruppe
Unito (u.a. Otto Österreich, Quelle, Neckermann und Ackermann) ist im vergangenen Geschäftsjahr (29. Februar) leicht geschrumpft. Wie die
Otto Group-Tochter mitteilte, sanken die Umsätze im Vorjahresvergleich um 2,9% auf 364,7 Mio. Euro.
Als Grund das österreichische Unternehmen die bewusste Reduzierung der Print-Werbemittel. „Den Hauptkatalog gibt es nicht mehr. Die Auflagen saisonaler Kataloge und Mailings wurden um 60%, die aufgelegten Seiten sogar um 80% reduziert, erklärt Harald Gutschi, Sprecher der Geschäftsführung der Unito-Gruppe. „Das Print-Geschäft hat an Akzeptanz verloren. Deshalb wird dieser Vertriebskanal sukzessive auf eine zukunftsfähige Größenordnung redimensioniert.“
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Im Online-Geschäft, das mittlerweile 95% des Konzernumsatzes ausmacht, erhöhten sich die Erlöse um 5%. Im Heimatmarkt Österreich lag die Wachstumsrate sogar bei 6,3%. Damit legte der Versandhändler doppelt so stark zu wie der gesamte E-Commerce der Alpenrepublik, dessen Volumen sich der KMU Forschung Austria zufolge im vergangenen Jahr um 3% erhöhte.
Größter Wachstumstreiber der Unito-Gruppe war das Segment Living, das Möbel, Haushaltswaren und Heimtextilien umfasst. Dort stieg der Umsatz um 10,9%. Für das seit März laufende Geschäftsjahr zeichnen sich schwere Zeiten ab. Unternehmensangaben zufolge waren die vergangenen Wochen coronabedingt von einer „volatilen Nachfrage seitens der Kunden gekennzeichnet". Seit Ende März verzeichnet Unito aber ein zweistelliges Umsatzwachstum. „Wir freuen uns, mit unseren Sortimenten dazu beitragen zu können, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Artikeln des täglichen Bedarfs sicherstellen zu können. Ein noch nie dagewesenes, ausgesprochen positives Kundenfeedback bestätigt das“, berichtet Harald Gutschi.
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Der Umsatz im Textilgeschäft gehe derzeit zweistellig zurück, insbesondere in den Bereichen saisonale Frühjahrs-, Sommer- und Bademode. Die Umsätze bei Hartwaren wüchsen dagegen deutlich zweistellig, vor allem Elektronik, Computer, Haushaltsgeräte wie Kühl- und Gefriergeräte, Spielekonsolen, Wohn- und Einrichtungsgegenstände, Gartenartikel.
Eine verlässliche Prognose für das Gesamtjahr sei derzeit nicht möglich – „und auch nicht sinnvoll“. „Die Gruppe fährt mit allen ihren Vertriebsmarken und in allen Märkten derzeit auf Sicht. Die Steuerung des Tagesgeschäfts erfolgt in vierzehntägiger Taktung. Außerdem werden zahlreiche budgetäre und organisatorische Maßnahmen realisiert, um die Finanzkraft auf gewohnt hohem Niveau zu halten“, erklärt der Konzernchef.
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Er prognostiziert, dass es spätestens nach der flächendeckenden Öffnung des Stationärhandels (Anfang Mai) und der Gaststätten (Mitte Mai) zu einer Rabattschlacht im Handel kommen wird, voraussichtlich ab Juni bis in den Herbst hinein. Der Textilhandel werde davon am stärksten betroffen sein. Die Folge sei eine Bereinigung der österreichischen Handelslandschaft noch in diesem Jahr. „Geschätzt jeder dritte Händler wird diese Phase wahrscheinlich nicht überstehen“, prophezeit Gutschi.
Erst 2021 werde der österreichische Handel wieder in einen „Normalzustand neuerer Art zurückkehren“. „Es wird dabei einen bis dato nicht gekannten Digitalisierungs-Push geben. Viele Betroffene lernen mit der Krise die Vorzüge des Online-Handels zu schätzen, die dauerhaft verringerte Kundenfrequenz im Stationärhandel bringt einen stationären Online-Schub und dies wird zu noch mehr Professionalität, mehr Angebot und mehr Wettbewerb im E-Commerce führen“, sagt Gutschi.
Rückkehr zu regionalen Produkten
Darüber hinaus werde sich im Online-Handel das Bewusstsein für regionales Einkaufen und regionale Produkte aus Österreich erhöhen. „Einkaufen wird zu einer nachhaltigeren Entscheidung. Die Kunden werden vermehrt ihre stationären Händler in der direkten Umgebung sowie lokale Online-Händler unterstützen."
Daraus ergäben sich neue Chancen für kleinere Händler: „Der Wandel im Handel, der normalerweise in den nächsten zehn Jahren stattgefunden hätte, findet nun in einem deutlich kürzeren Zeitraum statt“, prognostiziert der Unito-Chef.
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