Recherchen der Financial Times

LVMH und Kering machen offenbar Rückzieher bei Staatshilfen

Martin Veit

Die Luxuskonzerne LVMH und Kering sollen laut einem Pressebericht geplant haben, einen Teil der Belegschaft in Frankreich auf Kosten des Staates in Kurzarbeit zu schicken. Doch die beiden Gruppen haben anscheinend eine Kehrtwende vollzogen. Überhaupt bringt die Frage, ob eine finanziell starke Gruppe staatliche Hilfe beantragen darf, viele Unternehmen in einen Zwiespalt.

Die Frage ist provokant: Ist es legitim, wenn die Luxuskonzerne LVMH und Kering, deren Eigentümer auf der Forbes-Liste der reichsten Franzosen auf Rang eins und Rang drei stehen, Staatshilfe annehmen? Laut Recherchen der Financial Times hatten beide Gruppen das zuerst erwogen, dann aber einen Rückzieher gemacht, nachdem Hermès und Chanel öffentlich Verzicht geübt hatten.


Regierungen in aller Welt mobilisieren Milliarden, um den Unternehmen in der Covid-19-Krise beizustehen. Doch die Konjunkturpakete bringen die großen und finanziell starken Unternehmen in den Zwiespalt. Mag es wirtschaftlich auch vorteilhaft sein, die öffentlichen Gelder anzunehmen, so gefährdet die Inanspruchnahme der staatlichen Hilfe womöglich den guten Ruf. Schließlich appelliert die Politik an die Unternehmer, sich solidarisch mit den Schwächeren zu zeigen. In Frankreich wird die nationale Solidarität beschworen.

Im Fall von LVMH und Kering geht es um die Kurzarbeit. Wie Deutschland und Italien so ermöglicht es auch Frankreich den Firmen, ihre Mitarbeiter zeitweise auf Kosten der öffentlichen Hand freizustellen. Laut der Financial Times plante LVMH, Kurzarbeit für Mitarbeiter der wichtigsten Marke Louis Vuitton und des Kosmetikfilialisten Sephora zu beantragen. Ähnliches spielte sich bei Kering ab. Die Gucci-Mutter sah für die Belegschaft ihrer Uhrenmarke Boucheron Kurzarbeit vor. Doch in den vergangenen Tagen hätten LVMH und Kering eine Kehrtwende vollzogen, so die FT.

Was das Motiv ist, bleibt unklar. Gemutmaßt wird, dass die Volte von LVMH und Kering mit den Ankündigungen von Chanel und Hermès zusammenhängt. Die beiden Luxusmarken verkündeten öffentlich, auf Kurzarbeit zu verzichten und die Löhne der Mitarbeiter voll weiter zu bezahlen. „Unser Ziel ist es, nicht den öffentlichen Haushalt zu belasten“, teilte Chanel mit. „Das erlaubt es dem Staat, den Firmen zu helfen, die stärker bedroht sind, und das Gesundheitssystem zu unterstützen.“

Ein Sprecher von LVMH widersprach dieser Deutung. „Wir sind es bei LVMH nicht gewohnt, unsere Entscheidungen von den Aktionen unserer Wettbewerber abhängig zu machen“, sagte der LVMH-Sprecher gegenüber der FT. Die Kering-Pressestelle lehnte gegenüber der FT eine Stellungnahme ab.

Die Luxuskonzerne sind nicht die einzigen, die in Frankreich mit dem Für und Wider von Staatshilfen ringen. Denn wer die Hilfen in Anspruch nimmt, läuft Gefahr, den Zorn der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. Die Vergütung des Vorstands und die Dividenden an die Aktionäre werden dann schnell zum Aufreger in den Medien. Mehr als 470.000 Firmen haben in Frankreich Kurzarbeit beantragt, darunter Airbus, Air France und Renault. Der Ölkonzern Total und die Bank Société Générale gehören zu den Firmen, die im Gegensatz dazu versprochen haben, Kurzarbeit nicht zu nutzen.




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