Das koreanische Label Gentle Monster ist bei der "Superfutures"-Ausstellung mit dabei. Der Titel dieses Werks: The Giant, 2021
Worum geht es genau? Die Ausstellung "Superfutures Exhibiton" läuft vom 14. Juli bis zum 16. Oktober und wurde in Zusammenarbeit mit Agnes Gryczkowska (ehemals Serpentine Galleries und Schinkel Pavilion) kuratiert. Sie soll "eine Vielzahl von Zukunftsvisionen" aufzeigen.
Zu den teilnehmenden Namen, darunter sowohl Künstlerinnen und Künstler als auch Labels, zählen Monira Al Qadiri, Katja Novitskova, Sevdaliza, Gentle Monster, Joey Holder, Oholinger, Oliver Laric, Jakob Kudsk Steensen, Nico Vascellari, Ignota Books. Jan Vorisek und William Darnell. Außerdem wird es einen Panel-Talk mit Hans Ulrich Obrist geben. Gegenüber der TW erläutern Selfridges-Managerin Emma Kidd und Reference Studios-Chef Mumi Haiati die Initiative und geben Einblick in ihre Sicht auf Retail, Kunst und Fashion.
Das sagt Emma Kidd, Acting Creative Director, Selfridges
TextilWirtschaft: Frau Kidd, Selfridges ist bekannt für außergewöhnliche Initiativen. Was macht die aktuelle Initiative aus Ihrer Sicht besonders?Emma Kidd: Ich bin begeistert, dass unsere Geschäfte durch Superfutures zu einer Plattform für zukunftsweisende kreative Erfahrungen werden − durch die Zusammenarbeit mit den brillanten Reference Studios und einer Reihe von Künstlern, Marken und Denkern.
Welche Zielgruppe sprechen Sie damit besonders an?
Selfridges ist ein Ort für jedermann, und wir wollen mehr sein als nur ein Geschäft für Besucher. Die Ausstellung Superfutures soll zum Nachdenken anregen − eine buchstäbliche und metaphorische Intervention in das Einkaufserlebnis, und wir hoffen, dass ein breiter und vielfältiger Querschnitt von Menschen sich auf unterschiedliche Weise damit auseinandersetzen kann. Indem wir die Kunst aus der traditionellen Galerieumgebung herausnehmen und sie in diesen Einzelhandelskontext stellen, hoffen wir, das Publikum derjenigen, die Kunst erleben und mit ihr interagieren, zu erweitern.
Was ist Ihr persönliches Highlight?
Für mich dreht sich die Ausstellung um Monira Al Qadiris "Benzene Float". Es ist eine Reflexion über die derzeitige Abhängigkeit unserer Welt von fossilen Brennstoffen und die gefährliche Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Sie stellt sich eine Zukunft vor, in der wir nicht mehr auf diese Ressourcen angewiesen sind und die Verwendung von Öl ein Relikt aus einer vergangenen Zeit ist. Eine Zukunft, die man sich heute kaum vorstellen kann.
Superfutures Exhibition: Die Künstlinnen und Künstler und ihre Werke
Welche Rolle spielt ein Kaufhaus für die Verbraucher in der heutigen Einzelhandelslandschaft?
Selfridges ist auf dem Weg, den Einzelhandel neu zu erfinden, mit dem Ziel, unsere eigene Denkweise und die unserer Kunden zu hinterfragen, indem wir gründlich darüber nachdenken, welche Art von Zukunft wir uns wünschen und welche Schritte wir heute unternehmen müssen, um in einer besseren Zukunft zu leben; unsere Aufgabe ist es, unseren Kunden zu helfen, besser zu leben.
Wie wichtig ist es für Sie, auf digitalem Wege mit Ihrer Gemeinschaft in Kontakt zu bleiben?
Wir freuen uns, dass die Superfutures-Ausstellung einen "digitalen Zwilling" haben wird. Die digitale Erfahrung ist wichtiger als je zuvor, sowohl als Raum für innovative und sich entwickelnde kreative Erzählungen als auch vor dem Hintergrund, Dinge für alle zugänglich zu machen.
Kunst, Mode, Musik − wo beobachten Sie selbst derzeit die meiste Kreativität und welche Protagonisten faszinieren Sie im Moment besonders?
Ich denke, es ist heute viel schwieriger, diese kreativen Disziplinen klar abzugrenzen. Bei Superfutures geht es um Konvergenz und eine hybride Zukunft − und genau das passiert auch in der Kreativwirtschaft. Es gibt so viele Beispiele von Musikern, die auch Künstler, Schauspieler, Designer usw. sind. Ich bin ein großer Fan von Gentle Monster, und für mich verkörpern sie eine Marke, die sich über Mode und Einzelhandel hinaus in den Bereich der Erlebniskunst bewegt. Die fortschrittlichsten kreativen Disziplinen sind diejenigen, die man nicht in eine Schublade stecken kann. Mehr zum Thema
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Das sagt Mumi Haiati, Founder und CEO, Reference Studios
Mumi Haiati, Gründer von Reference Studios, vernetzt Mode, Musik und Kunst.
TextilWirtschaft: Herr Haiati, Wie kam der Kontakt zu Selfridges zustande? Haben Sie vorher schon zusammengearbeitet?Mumi Haiati: Selfridges kontaktierte Reference Studios nach dem Festival im September 2021, das unter dem Titel Protopia stattfand. Protopia ist eine Art Antithese zu Utopia und Dystopia, die sich statt mit der Zukunft mit der Gegenwart beschäftigt. Bei Super Futures geht es darum, verschiedene Prototypen für die Zukunft zu untersuchen und erlebbar zu machen, was sich an vielen Stellen mit dem überschneidet, was wir damals im Bierpinsel in Berlin gemeinsam mit dem Schinkel Pavillon gemacht haben. Wir freuen uns sehr über diese Form der Resonanz und Anerkennung unserer Ansätze, sie zeigt uns um so mehr, dass wir damals etwas Relevantes und Richtungsweisendes schaffen konnten. Diese lange Zeit der Ungewissheit lässt uns in die Zukunft blicken.
Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an Selfridges?
Selfridges ist absolut ein Vorreiter, wenn es darum geht, Kunst und Kommerz zu verbinden bzw. Kunst im Rahmen von Retail zu zeigen. Ein mutiges Beispiel gab es schon 2003 mit Spencer Tunicks Performance Bare with Me, die aus mehreren hundert nackten Menschen bestand. Zumal es keinen anderen Department Store mit einer vergleichbaren Legacy gibt und einem dermaßen großen Andrang. Unsere Inhalte einem Millionenpublikum zugänglich machen zu können – die enorme Reichweite hebt das Festival auf ein ganz neues Niveau. Allein die Schaufenster haben eine lange Geschichte, dem Laufpublikum relevante Inhalte zu zeigen. Es geht um Innovation und den Gedanken, dass Kunst allen zugänglich sein sollte. Ein Gedanke, den wir auch mit dem Festival verfolgen. In diesem Sinne gibt es wohl kaum einen besseren Ort für uns in diesem Moment. Wir fühlen uns geehrt, das jetzt für drei Monate machen zu dürfen.
Ist es das erste Mal, dass das Reference Festival zu einem Partner gebracht wurde?
Es gab bereits Partnerschaften mit Marken und führenden Retailern. Wir sind darauf spezialisiert, Erlebnisse zu schaffen. Sowohl als Teil von Reference Festival als auch gezielt im Auftrag einzelner Marken.
Die Installation ist in London zu sehen, aber auch digital. Welche Kanäle sind hier besonders relevant und wie lassen sich die Inhalte am besten adaptieren?
Digital setzen wir die Ausstellung über unsere eigens für das Festival entwickelte virtuelle Plattform Reference Realities um. Über die Dauer von Superfutures lässt sie sich über die Homepage von Selfridges aufrufen. Sie bietet virtuell Zugang zu den Aktivierungen, inklusive eines Audio Guides. Da die Plattform zu diesem Zweck entwickelt wurde, lassen sich Inhalte nahezu nahtlos adaptieren. Auch sind wir ständig dabei, sie weiterzuentwickeln.
Welche Inhalte finden Sie persönlich besonders spannend?
Gewissermaßen das Herz der Ausstellung bildet eine Installation der in Berlin lebenden Künstlerin Monira Al Qadiri, die sich prominent im Atrium befindet. Al Qadiri war früher in diesem Jahr noch hoch gelobt auf der Biennale in Venedig vertreten. Unser langjähriger Kunde Gentle Monster war bereits auf der ersten Ausgabe des Festivals vertreten – und wartet diesmal mit einem spektakulären Roboter auf. Besonders freut mich auch, dass wir mit der Ausstellung erstmals ein Poster als Beilage des hoch angesehenen System Magazins schaffen konnten, womit wir auf einer Ebene agieren mit Virgil Abloh x Ikea, Kanye West und Kim Kardashian sowie vielen weiteren Ikonen.
Was ist die Main Message der Exhibition?
Es geht darum, einen Ausblick auf eine hybride Zukunft zu veranschaulichen. Die Ausstellung wird somit zum Portal zwischen der Welt wie sie ist und jener, die noch entsteht.
Können Sie sich auch vorstellen, mit weiteren Partner (Retailern oder auch Museen oder Hotels) dieses Modell künftig weiterzuspielen?
Das tun wir bereits und werden es auch fortführen. Viel Spannendes ist bereits in Planung für 2023. Das Format hat seinen festen Platz in unserem Schaffen.
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