Die Branche trauert um eine der größten Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands und den Begründer von Gerry Weber. Gerhard Weber ist in der Nacht vom 23. auf den 24. September 2020 im Alter von 79 Jahren verstorben.
"Wir sprechen der Familie von Gerhard Weber im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unser tiefstes Mitgefühl und Beileid aus", so Alexander Gedat, aktuell Vorstandsvorsitzender der Gerry Weber International AG. "Wir empfinden größte Dankbarkeit und Respekt einem vielgeachteten Unternehmer gegenüber und trauern um eine zutiefst beeindruckende Persönlichkeit."
Wegbegleiter beschreiben Gerhard Weber als geniale Unternehmerpersönlichkeit, die mit unermüdlicher Energie und nie versiegendem Elan die Geschicke des Unternehmens vorantrieb. Mit großer Leidenschaft für Produkt und Kollektionen gestaltete er diese maßgeblich mit und wusste stets das entscheidende Detail zu setzen, das für den großen Erfolg der Mode aus seinem Haus verantwortlich war, heißt es aus Halle/Westfalen.
Als Chef war Weber stets eine Herausforderung – für seine Mitarbeiter wie für die Branche -, verlangte Perfektion, in jeder Lebenslage. Zu seinem 75. Geburtstag schrieb unsere Kollegin Christel Wickerath: "Jede Begegnung mit Gerhard Weber hinterlässt Eindruck. Präzise und leidenschaftlich, immer drahtig und auf dem Sprung – ob es die neueste modische oder technische Entwicklung ist, ein Branchen- oder ein Politikthema. Weber hat den Anspruch, Lösungen für die kniffligsten Aufgaben zu finden."
Gerhard Weber hatte das Unternehmen im März 1973 gemeinsam mit seinem Freund und Kompagnon Udo Hardieck (verstorben 2018) als Hatex KG gegründet. Anfangs zur Herstellung und dem Vertrieb von Damenhosen gedacht, wurde das Unternehmen schnell erfolgreich und ging 1989 als Gerry Weber International AG an die Börse. 1986 wurde neben der Gerry Weber-Kollektion die jüngere Marke Taifun ins Leben gerufen, 1994 die Plus-Size-Marke Samoon. Mit dem kompletten Angebot eröffnete 1996 das erste in Eigenregie geführte "House of Gerry Weber". 2014 wurde das Münchner Modeunternehmen Hallhuber gekauft, das bis 2019 zum Konzern gehörte. 2015 wurde eine weitere Vision Gerhard Webers Realität: Eines der modernsten Logistik-Zentren Europas wurde in Halle in Betrieb genommen.
Überdies hat Gerhard Weber das beschauliche Halle/Westfalen in den Blickpunkt des internationalen Tennissports gerückt. Als großer Coup gilt bis heute die Verpflichtung der damals 17-jährigen Stefanie Graf im Jahr 1986 als Markenbotschafterin für Gerry Weber. 1993 starteten die Gerry Weber Open (heute Noventi Open), das größte deutsche ATP-Tennisturnier im damals nach modernsten Richtlinien erbauten Stadion mit 11.000 Zuschauerplätzen. Selbst Wimbledon-Manager haben sich einst den innovativen Court in Halle angeschaut.
Direkt an der Arena, in der Events und Konzerte von Weltstars wie Whitney Houston, Elton John oder Luciano Pavarotti stattfanden, betreibt die Unternehmerfamilie Weber das bekannte Court Hotel. Auch bei der Gestaltung der 2011 eröffneten Kita am Firmensitz war Gerhard Weber maßgeblich beteiligt. Seit November 1985 war Gerhard Weber der 1. Vorsitzende des TC Blau-Weiss Halle, der unter seiner Führung zu einem der erfolgreichsten Tennisclubs Deutschlands aufstieg und unter anderem fünf deutsche Mannschaftsmeistertitel erringen konnte. Den Forumpreis der TextilWirtschaft für sein Lebenswerk erhielt Weber 2011. Der Deutsche Tennis Bund würdigte ihn 2018 mit einem Award für sein außergewöhnliches Engagement und seine "herausragenden Leistungen für das deutsche Tennis".
Gerhard Weber - ein Selfmade-Unternehmer, der aus einem Laden und den ersten selbst produzierten Hosen ein Imperium aus Mode und Tennissport geschaffen hat. Er fand die richtigen Antworten und Konzepte zur richtigen Zeit mit fast hellseherischer Kraft, generierte Jahresumsätze, von denen andere nur träumen konnten. Mit den Hallen 29 und 30 hat Weber den Messe- und Order-Rhythmus der Branche wesentlich beeinflusst und Düsseldorf als Modestadt weiterentwickelt. Im November 2014 zog sich Gerhard Weber aus dem Vorstand zurück und wechselte in den Aufsichtsrat der Gerry Weber International AG. Nach der damaligen Stabsübergabe an seinen Sohn Ralf und die Vorstände Arnd Buchardt und David Frink verbrachte er viel Zeit in seiner zweiten Heimat, auf seiner Lieblingsinsel Mallorca. So ganz loslassen aber konnte er nie. Ladenschließungen, Entlassungen und Umsatzrückgänge bei den Kollektionen schmerzten ihn, doch glaubte er fest daran, dass die nächste Generation die richtigen Antworten finden werde.
Die Gerry Weber International AG gehört heute zu je 42% den Investoren Whitebox Advisors und Robus Capital Management, JPMorgan Chase&Co. hält 16%. Nach mehreren Vorstandswechseln wird der Konzern heute geführt von CEO Alexander Gedat, Chief Operating Officer (COO) Angelika Schindler-Obenhaus und Chief Restructuring Officer (CRO) Florian Frank.