TW-Interview mit den Snocks-Gründern Johannes Kliesch und Felix Bauer

"Wir sind Digital Native. Wir haben keine Altlasten"

Snocks
Von 4000 Euro auf eine zweistellige Millionensumme: Snocks
Von 4000 Euro auf eine zweistellige Millionensumme: Snocks

Mit 4000 Euro Startkapital fingen Johannes Kliesch und sein Cousin Felix Bauer 2016 an, Sneaker-Socken über Amazon zu verkaufen. Soeben hat das Duo von dem Fonds Cathay Capital einen zweistelligen Millionenbetrag eingesammelt, um ins Ausland zu expandieren. Die Ziele sind ehrgeizig. "Wir wollen die führende Basic-Fashion-Brand in Europa werden", sagen die Gründer, die aber angesichts der turbulenten Weltlage viel zu tun haben. "Es ist nicht alles rosig."

Oceans Apart, Gymshark, Kapten & Son und jetzt auch Snocks. Mit der Mannheimer Firma hat ein weiteres D2C-Label einen Finanzinvestor an Bord geholt, um das eh schon beachtliche Wachstum anzukurbeln. Die beiden Snocks-Gründer Johannes Kliesch und Felix Bauer haben soeben für einen zweistelligen Millionenbetrag einen Minderheitsanteil an den Private Equity-Fonds Cathay Capital abgegeben, der bereits Marken wie Moose Knuckles im Portfolio hat.

Die Verhandlungen mit den Investoren schickten Kliesch und Bauer auf eine steile Lernkurve. Vor allem lernten die Gründer einiges über sich selbst und Snocks. „Uns ist unsere Brand Identity viel klarer geworden. Vorher hatten wir nicht genau vor Augen, wofür Snocks eigentlich steht“, sagt Bauer. Jetzt sei der Markenkern viel klarer, sagt Kliesch: "Unser Slogan lautet 'Why not?' Wir wollen das Gefühl transportieren, dass einer alles schaffen kann."

TextilWirtschaft: Snocks hat mit Cathay Capital einen Investor gefunden. Warum haben Sie sich für diesen Fonds entschieden?
Felix Bauer: Los ging es im Januar, Februar 2021. Wir suchten nach einer passenden M&A-Boutique. Da stießen wir auf Carlsquare, die schon mehrere Transaktionen im E-Commerce begleitet haben. Da es für uns feststand, nur eine Minderheit abzugeben, und wir als Geschäftsführer im Operativen nicht beeinflusst werden wollen, kam ein strategischer Investor weniger in Frage als ein Finanzinvestor. Mit Cathay Capital haben wir uns einen Fonds ausgesucht, der neben Geld auch noch Know-how und Netzwerk mitbringt. Er wird uns bei der Internationalisierung helfen, die wir im nächsten Jahr angehen wollen. Was die Internationalisierung betrifft, haben wir noch keine Erfahrung.

Was fangen Sie mit dem Kapital und dem Know-how des Fonds konkret an?
Wir gründeten Snocks mit einem Startkapital von 4000 Euro. Vom ersten Tag an mussten wir auf den Cash-Flow und die Profitabilität achten. Letztlich konnten wir deshalb viele Projekte gar nicht erst angehen. Mit dem Investor können wir nun Projekte angehen, die einen längeren Atem benötigen. Darunter fällt die Auslandsexpansion. Cathay Capital kommt aus Frankreich, hat einige französische Firmen im Portfolio und ist daher gut vernetzt. Der Fonds versteht den Kunden und den Markt.

Machertypen: Felix Bauer und Johannes Kliesch
Snocks
Machertypen: Felix Bauer und Johannes Kliesch

Hatte es Snocks schon einmal im Ausland versucht?
Johannes Kliesch: Vor zwei, drei Jahren legten wir in den USA los. Nach vier, fünf Wochen erwirtschafteten wir über 100.000 Euro. Nur waren wir mit 1 bis 2% Marge so gut wie nicht profitabel. Wir konnten uns das einfach nicht leisten, da weiterzumachen. Hätten wir es durchgezogen, dann wären die USA heute der größte Markt. Dank Cathay Capital werden wir Ende des Jahres mit Amazon die USA erneut angehen.

Mit welchen Argumenten haben Sie dem Fonds den Einstieg schmackhaft gemacht?
Felix Bauer: Wir sind ein Digital Native-Brand. Wir haben keine Altlasten wie größere Marken. Wir sind auf den digitalen Kanälen Vorreiter und verstehen, wie E-Commerce und Performance Marketing funktionieren. Unsere Zielgruppe ist extrem groß. Da wir kein Modelabel sind, ist unsere Retourenquote niedrig. Unsere Produkte sind Evergreens, weswegen unsere Kunden zu uns zurückkommen. Letztlich haben wir aufgezeigt, dass unser Markt ein Riesenpotenzial in sich trägt.


Welches Ziel haben Sie sich gesetzt?
Wir wollen die führende Basic-Fashion-Brand in Europa und darüber hinaus werden. Wir bieten bereits Socken und Unterwäsche für den Alltag. Wir werden die Produktpalette erweitern und künftig auch die Jogging-Hose und die Loungewear für zuhause anbieten. Wir sehen uns aber nicht als Modelabel. Wir werden niemals das Samstagabend-Ausgeh-Outfit machen.

Mit welchen Firmen wurden Sie verglichen, um den Wert von Snocks zu bestimmen?
Wir steigerten unseren Umsatz im vergangenen Jahr von 12 Mio. auf über 32 Mio. Euro. Wir haben ihn also verdreifacht. Dazu waren wir noch profitabel. Wir wurden in der Bewertungsphase mit anderen D2C-Brands wie Ankerkraut, Oceans Apart oder Kapten & Son verglichen.

Inflation, Ukraine-Krieg. Die aktuelle wirtschaftliche und geopolitische Lage ist schwierig. Sind Sie davon irgendwie betroffen?
Johannes Kliesch: Wir haben dieses Jahr bislang um 60% zugelegt. Wir sind also auf einem guten Weg. Aber es ist nicht alles rosig. Es gibt Lieferschwierigkeiten, die Logistik hat sich verteuert. Wir haben die Preise unserer Produkte deshalb um mindestens 25% angehoben. Den Krieg haben wir auch zu spüren bekommen. Unser Saisonbeginn ist März. Da hatten wir zehn Top-Influencer am Start, deren Wirkung aber wegen des Krieges verpufft ist. Schließlich kannst du nicht einfach weitermachen, wenn jeder über den Krieg spricht. Wir hätten die Kooperationen besser absagen sollen. Das war ein Fehler, den ich auf meine Kappe nehme.


Finanzierungsrunden sind eine Chance, um dazuzulernen. Was haben Sie dazugelernt?
Felix Bauer: Uns ist unsere Brand Identity viel klarer geworden. Vorher hatten wir nicht genau vor Augen, wofür Snocks eigentlich steht, welche Emotionen die Marke auslöst und in welcher Tonlage sie spricht. Unsere Berater haben uns verdeutlicht, dass das sehr wichtig ist. Auf einem Brand Work-Shop mit der Agentur Jung von Matt schälte sich der Kern der Marke heraus.

Wofür steht die Marke Snocks also?
Snocks ist ganz stark an uns Gründer, also an Johannes und mich geknüpft. Die Marke muss also für etwas stehen, mit dem wir uns beide identifizieren können. Unser Markenkern ist das Machertum. Wir wollen eine Welt erschaffen, in der unsere Kunden das Gefühl bekommen, alles erreichen zu können. Unsere Produkte sollen Selbstvertrauen einflössen. Wenn eine Geschäftsfrau unsere Socken anzieht, dann soll ihr das den Schub geben, mit dem sie im Meeting alle ihre Ideen durchkriegt.

Wie wollen Sie dieses Machertum dem Kunden vermitteln?
Johannes Kliesch: Unser Slogan lautet 'Why not?'. Wir wollen das Gefühl transportieren, dass einer alles schaffen kann. Deshalb werden wir jeden Monat mit etwas total Durchgeknalltem aufwarten. Im Februar war es das Metaverse. Statt im Konferenztraum trafen sich die Snocks-Mitarbeiter mit ihren Avataren in der virtuellen Welt. Für April planen wir die verrückteste Büroparty aller Zeiten. Freunde von uns haben eine Art Zirkus. Wir buchen Samba-Tänzer, Saxophonisten und einen Special Guest. Wir werden dick auffahren und alles filmen.


Welche Kanäle werden Sie auf Social Media bespielen?
Wir schauen uns alle Touch-Points an. Wir werden einen Loyalty-Club gründen und unsere Kunden nach ihrer verrücktester Why not-Geschichte fragen, die wir dann veröffentlichen werden. Wir spannen auch Influencer ein. Wir werden einen nach Hawaii schicken. Unsere Kunden werden entscheiden, was er dort tun wird, sei es Fallschirmspringen oder Bungee-Jumping. Er wird mit seinen Abenteuern unseren TikTok-Account befüllen.

Sie sind die Meister des Performance-Marketings. Was beobachten Sie da?
Das ist viel schwieriger geworden. Wir haben festgestellt, dass es einen massiven Tracking-Verlust gibt. Wenn ein User heute eine App im Store von Apple oder Google herunterlädt, dann kann er anklicken, ob er zustimmt, dass über ihn Daten gesammelt werden oder nicht. Schätzungen besagen, dass nur 30 bis 40% der Instagram-Nutzer ihre Einwilligung gegeben haben. Das bedeutet also, dass Facebook über 60 bis 70% der Instagram-User nicht mehr Bescheid weiß. Das ist ein Riesenthema. Wir haben deshalb beschlossen, viel stärker als früher unsere eigenen Daten zu sammeln und aufzubereiten. Wir nennen das Data Warehouse.

Amazon ist ein wichtiger Partner für Sie. Kommen weitere Marktplätze dazu?
Wir starten auf sechs Marktplätzen. Wir haben auf Limango und Zalando losgelegt. Die Partnerschaft mit Gorillas hat sich verzögert. Dafür werden wir bald auf dem Lieferdienst Flink live gehen. Der nächste Marktplatz wird Engelhorn sein. Ich habe soeben den Vertrag unterschrieben. Das sind die richtigen Partner, um wachsen zu können.




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