In Italien haben Geschäfte für Kindermode wieder geöffnet. Dazu zählt auch der Laden Junior Im apulischen Foggia. Inhaberin Franca Mangiola hat bislang so gut wie nichts verkauft. Die nächsten Saisons geht sie deshalb vorsichtig an. Mindestbudgets der Marken akzeptiert sie nicht mehr.
Halb-Deutsche, Halb-Italienerin. Franca Mangiola ist in Frankfurt aufgewachsen und lebt seit 18 Jahren in Foggia im süditalienischen Apulien. Seit 14 Jahren hat sie einen Laden für Kindermode. Er heißt Junior. Auf 200 m2 verkauft Marken wie Belstaff, Colmar, Dondup, Hugo Boss und Twinset.
Nach fast zwei Monaten hat Mangiola seit Dienstag wieder geöffnet. Viel los ist noch nicht. Und das werde wahrscheinlich noch eine Weile so bleiben, sagt die Händlerin: „Kommunionen, Taufen, Hochzeiten und größere Geburtstagsfeiern werden erst einmal keine stattfinden. Wofür sollen sich die Menschen dann schön anziehen?“ Um die Kunden zum Shoppen zu animieren, wird sie mit einem Rabatt von 30% loslegen. „Es sind schwierige Zeiten. Ich komme ihnen entgegen.“
TextilWirtschaft: Ihr Laden ist wieder geöffnet. Freuen Sie sich?
Franca Mangiola: Nein, denn ich halte das nicht für sinnvoll. Die Menschen sind dazu angehalten, in ihren Wohnungen zu bleiben. Sie gehen raus, wenn sie etwas aus dem Supermarkt oder der Apotheke brauchen. Aber Kindermode? Das ist doch nicht lebensnotwendig. Ich verkaufe ja keine Windeln oder Schnuller. Ich hätte es besser gefunden, im Mai mit allen anderen Händlern zu eröffnen. Neben mir ist ein Modegeschäft, das an Erwachsene verkauft. Es ist geschlossen. Das finde ich unfair und fast schon respektlos gegenüber meinen Kollegen.
Ihr Laden befindet sich im Zentrum Foggias. Zieht dort langsam der Alltag wieder ein?
Die Stadt ist leer. In meiner Straße haben einzig noch die Apotheke und der Kiosk auf. Die Stimmung ist gedrückt. Es herrscht eine schon fast unwirkliche Atmosphäre. Ich fühle mich wie in einem Film.
Seit Dienstag haben Sie wieder auf. Wie ist der Zuspruch der Kunden?
Überspitzt ausgedrückt beläuft sich mein Umsatz auf null. In all den Tagen habe ich gerade einmal eine Hose samt Polo und eine K-Way-Jacke verkauft. Die wenigen Kunden, die meinen Laden betreten, kommen allein. Sie lassen ihre Kinder zu Hause, weil sie Angst haben.
Was sagen Ihre Mitarbeiter?
Meine zwei Mitarbeiterinnen sind zu Hause. Ich brauche sie im Laden momentan nicht, das schaffe ich schon alleine. Die Öffnungszeiten sind verkürzt. Ich habe von 10 bis 13 Uhr und von 17.00 bis 19.00 Uhr auf. Von Montag bis Samstag.
Wann rechnen Sie damit, dass wieder Normalität einzieht?
Ab Mai, wenn die Geschäfte und Restaurants wieder öffnen, wird die Stadt nach und nach wieder zum Leben erwachen. Das liegt schon alleine daran, dass die Ladeninhaber und Gastronomen neugierig sind und nachschauen werden, was die anderen so machen. Normalität bedeutet das für mich als Modehändlerin aber noch lange nicht. Denn Kommunionen, Taufen, Hochzeiten und größere Geburtstagsfeiern werden erst einmal keine stattfinden. Und damit stellt sich die Frage: Wofür sollen sich die Menschen denn schön anziehen?
Wie wecken Sie bei Ihren Kunden die Lust am Einkaufen?
Die Zeiten sind schwierig, viele Menschen habe ihre Arbeit verloren. Deshalb habe ich mir vorgenommen, meinen Kunden entgegen zu kommen. Ab Mai werde ich die Frühjahrsware um 30% reduzieren. Das werde ich über die Sozialen Netzwerke, also Facebook, ankündigen. Damit sich etwas bewegt. Natürlich frage ich bei der Gelegenheit auch: „Wie geht’s euch allen?“
Wie verhalten sich die Marken? Kommen Sie Ihnen entgegen?
Ehrlich gesagt geben sie sich nicht sonderlich kulant. Sie strecken zwar die Zahlungsziele und erlauben es auch, in Raten zu bezahlen. Aber sie beharren auf der geschuldeten Summe, einen Abschlag gewähren sie nicht. Das ist schon schade, schließlich haben wir zwei Monate verloren und sind jetzt zu Rabatten gezwungen. Wir Händler sollen zahlen. Aber wie denn?
Wie gehen Sie die nächsten Saisons an?
Ich werde den Fehler, zu viel Ware einzukaufen, nicht wiederholen. Die Hälfe der Herbstkollektion 2020/21 habe ich storniert. Für das Frühjahr 2021 werde ich deutlich weniger einkaufen. Ich werde mir nur noch die wirklich interessanten Fashion-Teile herauspicken. Und dann eben bei Bedarf nachordern. Wenn eine Marke auf ein Mindestbudget beharrt, verlasse ich auf der Stelle den Showroom. Die Zeiten sind vorbei.
Ist E-Commerce die Zukunft?
Ich verkaufe nicht im Internet. Das ist mir zu chaotisch. Amazon hat mir geschrieben und mich eingeladen, über den Marktplatz zu verkaufen. Doch das würde mich 30% kosten. Am Ende würde ich nur noch für den Staat, die Marken und den Marktplatz arbeiten. Das lasse ich sein. Denn es geht auch ohne. Ich stehe mit meinen Kunden dauernd in Kontakt. Ich schicke ihnen Bilder, sie wählen aus, und dann sende ich ihnen die Ware zu. Ich brauche keinen Webshop.
Langfristig gedacht: Wie fällt Ihr Ausblick für Ihren Beruf aus?
Ich bin optimistisch. Ich beschreibe meine Arbeit so: „Ich verkaufe Illusionen.“ Die Menschen werden immer das Schöne lieben. Gutes Essen, schöne Möbel und auch schicke Kleidung. Das Schöne ist ein Teil von uns, es macht unsere Persönlichkeit aus. Und das wird auch so bleiben.