Bert Rösch: "Eine flächendeckende Retourengebühr wäre für die Schnäppchenjägernation Deutschland, die zugleich Retourenweltmeisterin ist, wahrlich eine Zeitenwende."
Wer eine Retourengebühr einführen will, darf keinen Online-Wholesale betreiben und sollte über hinreichende Alleinstellungsmerkmale verfügen, kommentiert TW-Redakteur Bert Rösch die Entscheidung des Fast Fashion-Filialisten Zara, die Rücksendungen von Online-Bestellungen hierzulande kostenpflichtig zu machen.
Erst Uniqlo, dann Zara und schon bald der gesamte Online-Modehandel in Deutschland? Wird die Rücksendung von digitalen Bestellungen jetzt flächendeckend kostenpflichtig, nachdem mit Uniqlo und Zara zwei ganz Große der Modebranche Retourengebühren eingeführt haben?
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Nach Uniqlo wagt nun auch der Fast Fashion-Filialist Zara einen selbstbewussten Vorstoß und führt eine Gebühr für Rücksendungen von Online-Bestellungen ein. Die Inditex-Tochter verfolgt damit zwei Ziele.
Für die Schnäppchenjäger-Nation Deutschland, die zugleich Retourenweltmeisterin ist, wäre das wahrlich eine Zeitenwende. Die Befürchtung ist aber unbegründet. Schließlich können nur wenige E-Fashion-Anbieter dieses Experiment wagen, und zwar diejenigen, die online keinen Wholesale betreiben. Sie laufen nicht Gefahr, dass die Kunden zu Multilabel-Online-Händlern wechseln, um die Retourengebühr zu umschiffen.
Die besten Karten haben die großen Monobrand-Filialisten. Sie verfügen über hinreichend viele Alleinstellungsmerkmale, um ihre Kundinnen und Kunden zu binden: ein überzeugendes Preisleistungsverhältnis, modische Aktualität, vor allem Kollektionen und Produkte, die es ausschließlich dort zu kaufen gibt.
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Der japanische Modefilialist Uniqlo macht die Rücksendung von online bestellten Artikeln kostenpflichtig. Zalando und Otto wollen dem Beispiel nicht folgen. Andere Händler spielten jedoch mit dem Gedanken, berichtet der Retourenexperte Björn Asdecker.
Somit ist das Risiko gering, dass die Konsumenten aus Gebührenfrust zu einer anderen Marke wechseln oder sich den Online-Kauf verkneifen. Es ist kein Zufall, dass Zara im Sinne dieser Exklusivität auch Marktplätze meidet.
Hinzu kommt, dass sie eine kostenlose Alternative zum Obulus anbieten können: die Rückgabe im Store. Zara betreibt hierzulande rund 70 Filialen. Somit ist diese Umtauschart kein großer Aufwand. Zur Freude des Filialisten, da sich die meisten In-Store-Retournierer vor Ort nach einer Alternative umschauen und häufig spontan on top noch etwas kaufen, nach dem sie gar nicht gesucht haben.
Defizite bei der Kommunikation
Verbesserungsbedarf gibt es aber in der Kommunikation: Der Kunde erfährt von der Gebühr erst bei der Einleitung des Rücksendeprozesses. Ratsamer wäre eine Aufklärung gleich beim Bestellen. Und eine Begründung für die Maßnahme. Erst auf Nachfrage der TW hebt Zara auf das Nachhaltigkeitsargument ab, das für die allermeisten Kunden durchaus nachvollziehbar ist.
Die Bedeutung einer Begründung ist nicht zu unterschätzen: Der Retourenwissenschaftler Björn Asdecker hat bei seiner Forschung zum Thema herausgefunden, dass die Akzeptanz von Rücksendegebühren maßgeblich von der Höhe der Gebühr und der Art der Kommunikation abhängt. "Die Kunden wollen wissen, warum eine Gebühr erhoben wird und was der Händler mit dem Geld macht", erklärte Asdecker im März vorigen Jahres, nachdem
Uniqlo mit einer Retourengebühr vorgeprescht war.
Zara betreibt hierzulande etwa 70 Stores, in denen die Kunden ihre Online-Bestellungen gebührenfrei retournieren können.
Die Japaner hatten damals in ihrem Online-Shop geschrieben, dass sie die 3,95 Euro verlangen, um die Kunden zu einem nachhaltigen Kauf- und Umtauschverhalten zu animieren. Gleichzeitig führte der Modefilialist neue Techniken ein, die den Kunden dabei helfen sollen, gleich auf Anhieb das passende Teil zu finden und somit Retouren zu vermeiden. Auch das hebt die Akzeptanz von Gebühren.
Doch seltsamerweise sind die Hinweise auf diese Tools und das Nachhaltigkeitsargument mittlerweile aus den
Retourenrichtlinien verschwunden. Ein weiteres Manko: Der Kunde kann die Retoure in den Stores nur gegen einen "gleichartigen Artikel" umtauschen. Eine Rückerstattung der Kaufsumme ist - anders als im Online-Shop - nicht möglich. Das macht die In-Store-Retoure unattraktiv. Und hebt den Frust über die Retourengebühr.
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Kommentar
Uniqlo Selling Point
Uniqlo verlangt jetzt Geld für Rücksendungen. Das ist weniger riskant, als man denkt, weil der japanische Modefilialist über mehrere Alleinstellungsmerkmale verfügt, erläutert TW-Redakteur Bert Rösch.