Was machen Menswear-Insider ohne die Messe?

Pitti People ohne Pitti

Die Messe Pitti Uomo ist traditionell ein internationaler Treffpunkt der Menswear-Szene. Marken-Macher, Einkäufer, Fotografen, Models und Stylisten zelebrieren dort zweimal im Jahr die Männermode. Was machen bekannte Gesichter der Menswear, wenn das Top-Event ins Wasser fällt?

Mark Cho, Mitgründer The Armoury, Hongkong

TextilWirtschaft: Aktuell finden keine Messen und Fashion Shows vor Ort statt. Was machen Sie stattdessen und wo sind Sie gerade?
Mark Cho: Ich befinde mich in Hongkong, wo wir The Armoury 2010 gegründet haben. Die Geschäfte liefen zuletzt etwas ruhiger, deshalb haben wir an unserem Auftritt bei IGTV und Youtube gefeilt. Unsere Videos kommen gut an und haben auch zu ordentlichen Abverkäufen geführt. Das kann man sich auch bei thearmourytv.com anschauen. Außerdem habe ich Termine mit Lieferanten gemacht, um mir die Kollektionen aus der Ferne anschauen zu können und die Order für kommendes Frühjahr vorzubereiten.


Viele Menschen arbeiten im Homeoffice. Wie sieht es bei Ihnen aus, und was tragen Sie dabei?
In Hongkong gab es keinen Lockdown, also trage ich einfach das, was ich immer trage: Leinen-Anzüge, federleichte Sakkos und Hosen, Hemden aus Baumwolle/Leinen - einfach meine übliche Sommer-Garderobe. So drehe ich meine Runden in unseren Läden und Büros, ganz so wie ich es üblicherweise tue.

Mark Cho, The Armoury, nutzt die Messen normalerweise auch, um die Einkaufsteams aus Hongkong und New York zusammenzubringen.
The Armoury
Mark Cho, The Armoury, nutzt die Messen normalerweise auch, um die Einkaufsteams aus Hongkong und New York zusammenzubringen.

Was vermissen Sie in Bezug auf die fehlenden Messen und Schauen?
Ich vermisse die Stadt Florenz und meine "erweiterte Familie" zu sehen, die aus Lieferanten und Kollegen besteht. Es ist einfach immer schön, sich auf den neuesten Stand zu bringen, zu hören, woran sie gearbeitet haben und die neuen Kollektionen zu sehen. Und da wir inzwischen Stores sowohl in Hongkong als auch New York haben, ist die Messe immer eine schöne Gelegenheit für die Einkaufs-Teams, eine sehr gute Zeit persönlich miteinander zu verbringen.


Viele Events finden nun digital statt. Ist das aus Ihrer Sicht ein adäquater Ersatz?
Es nützt ja nichts. Das ist eben die Situation, in der wir gerade stecken. Und der digitale Weg ist da eine angemessene Antwort. Das bringt natürlich einige offensichtliche Mankos mit sich, aber es gibt auch dafür immer Lösungen. Zum Beispiel, dass man sich Stoffmuster schicken lassen kann, um die Ware zu begutachten.

In Hongkong gab es zwar keinen Lockdown, dennoch muss Mark Cho aus der Distanz seine Order vorbereiten.
The Armoury
In Hongkong gab es zwar keinen Lockdown, dennoch muss Mark Cho aus der Distanz seine Order vorbereiten.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Pitti Uomo im kommenden Jahr wieder stattfindet?
Ich vermisse wirklich Antonio Liverano, einen unserer Maßschneider, mit dem ich arbeite. Ich kenne ihn schon eine lange Zeit und freue mich sehr darauf, ihn wiederzusehen. Anders als andere Maßschneider hat er auch eine Ready-to-Wear-Kollektion, die wir oft bei ihm ordern.

Richard Biedul, Model, Art Director, Fashion-Unternehmer

TextilWirtschaft: Was machen Sie, da die meisten Fashion-Shows abgesagt oder ins Netz verlegt wurden?
Richard Biedul: Ich verbringe die Saison zuhause in London, die Lockdown-Maßnahmen lockern sich hier in Großbritannien erst langsam wieder. Die London Fashion Week des British Fashion Council ist ja diese Saison Digital, das verfolge ich mit Interesse.

Tempi passati: Richard Biedul, vergangenen Sommer in Florenz.
Jonathan Daniel Pryce
Tempi passati: Richard Biedul, vergangenen Sommer in Florenz.
Viele Menschen müssen im Homeoffice arbeiten. Wie handhaben Sie das?
Wie Sie sich vorstellen können, ist es als Model extrem schwierig, sich in Remote Work zu befinden. Wie auch immer, Melissa (Jane Tarling, die Verlobte von Richard Biedul, Anm. d. Red.) und ich haben in ein Home Studio investiert und eine Mischung unterschiedlicher Produktionen, redaktioneller und werblicher Art, realisiert. Wir hoffen, in den nächsten Wochen zurück nach draußen ins Studio gehen und zu Fotoshooting-Locations gehen zu können (natürlich immer unter Einhaltung des Social Distancing). Was andere Projekte anbelangt, konnte ich verhältnismäßig einfach aus der Ferne agieren und die finalen Schritte eines Design-Projekts mit Joseph Cheaney gehen. Meine erste Schuh-Kollektion für ihn sollte eigentlich im April vorgestellt werden, aber aufgrund der aktuellen Situtation im Retail haben wir uns entschieden, sie auf Ende Sommer zu verschieben.

Was tragen Sie eigentlich im Lockdown?
Ich fälle in letzter Zeit öfter praktische Entscheidungen, wenn es um die Garderobe geht. Der Fokus liegt mehr auf der Funktion als auf der Form. Das heißt aber nicht, dass ich aufgehört habe, mir Gedanken darüber zu machen, wie ich aussehe oder mir generell weniger Mühe gebe. Ich habe nur für mich herausgefunden, dass der ästhetische Wert der Bekleidung ein anderer ist als normalerweise. Ich hätte nie gedacht, dass ich Loungewear oder Casualwear gegenüber Formalwear bevorzugen würde - aber es ist einfach nicht praktisch, einen Dreiteiler zu tragen, um mit dem Hund rauszugehen oder einen Zweireiher zum Heimwerkern.

Shooting im Home Studio: Im Zweireiher in London. Zum Gassigehen darf es dann aber doch etwas entspannter sein.
Melissa Jane Tarling
Shooting im Home Studio: Im Zweireiher in London. Zum Gassigehen darf es dann aber doch etwas entspannter sein.
Was vermissen Sie gerade am meisten − generell gesprochen und modisch gesehen?
Ganz generell vermisse ich meine Familie am meisten. Meine Eltern und Brüder leben in London, aber wir haben uns seit März nicht treffen können. Und glauben Sie es oder nicht, ich vermisse auch die Arbeit. Mir ist klar geworden, dass ich in einer sehr privilegierten Position bin, weil ich meinen Job wirklich liebe. Ich habe einen juristischen Hintergrund und vermisse es, sowohl die "kreativen als auch die akademischen Muskeln" bei der Arbeit zu nutzen. Wenn es um die Fashion Weeks geht: Da vermisse ich, Kollektionen aus erster Hand und als erstes sehen zu können, mich mit Designern und ihren Teams über die Kollektionen auszutauschen und generell in der Branche zu interagieren.

Viele Messen und Fashion Weeks feilen an digitalen Programmen. Ein adäquater Ersatz für die Veranstaltungen vor Ort?
Mir selbst fehlt die Vorstellungskraft dafür, dass digitale Initiativen jemals das persönliche Erlebnis werden ersetzen können. Aber ich denke, dass wir eine andere Einschätzung abgeben können, wenn die ersten digitalen Plattform-Events vorüber sind und wir wissen, wie sich das anfühlt. Ich wünsche mir sehr, dass diese Aktivitäten von Erfolg gekrönt sein werden, aber wie gesagt, ich kann es mir nicht vorstellen, dass Digitales den direkten Eindruck wird ersetzen können. Nebenbei bemerkt, finde ich es äußerst positiv, dass sich viele Plattformen für die breite Öffentlichkeit öffnen. Die Menschen, die die Produkte tatsächlich auch konsumieren, direkt mit einzubeziehen, ist eine großartige Initiative.

Worauf freuen Sie sich am meisten bei dem Gedanken, dass Pitti Uomo im Januar wieder regulär wird stattfinden können?
Neben den neuen Kollektionen? Darauf, wieder Hände schütteln zu können, meine Freunde zu umarmen, die ich dann für zwölf Monate nicht gesehen haben werde.

Bernhard Roetzel, Autor und Menswear-Experte

TextilWirtschaft: Keine Pitti. Nicht im Juni und nun auch nicht im September. Was machen Sie stattdessen? Und wo sind Sie gerade?
Bernhard Roetzel: Ich werde einige Recherchereisen in Deutschland unternehmen für ein neues Buchprojekt und die Berichterstattung in meinem Online-Magazin feineherr.de. Jetzt bin ich gerade zu Hause in Brandenburg.

Wegen Covid-19 arbeiten viele von zu Hause aus. Wie schaut es bei Ihnen aus? Und was tragen Sie dabei?
Meine Schreibtischarbeit findet seit über 20 Jahren zu Hause statt, das Homeoffice ist bei mir Dauerzustand. Ich trage dabei Casual- oder Sportswear, abgestimmt auf das Wetter. Wenn es schön ist, sitze ich mit dem Laptop oft im Garten. Gestern war es heiß, da hatte ich leichte Outdoor-Shorts an, ein Poloshirt und Teva-Sandalen. Heute ist es kühl, da trage ich dunkelblaue Jeans, ein hellgraues Sweatshirt und schwarze Arizonas von Birkenstock mit Ringelsocken in Grün und Rot.

Zu Pitti-Zeiten hochsommerlich-klassisch: Bernhard Roetzel in Florenz mit Loafern und federleichtem Sakko.
Martin Smolka
Zu Pitti-Zeiten hochsommerlich-klassisch: Bernhard Roetzel in Florenz mit Loafern und federleichtem Sakko.
Was fehlt Ihnen, ohne Pitti Uomo, aber auch so, aktuell am meisten?
Komischerweise fehlt mir das Reisen gar nicht so sehr, wie ich zu Beginn der Corona-Krise gedacht hätte. Mir fehlt vor allem die Ruhe zu Hause, die ich zum Arbeiten brauche. Wir haben sechs Kinder im Kindergarten- und Schulalter und die wollen natürlich betreut sein.

Wären Sie im September nach Florenz gekommen?
Das hätte ich kurzfristig entschieden. Wenn im August noch bezahlbare Flüge und Hotelzimmer zu finden gewesen wären, dann wahrscheinlich schon.

Free&easy ohne Kragen, aber auch ohne das gute Florentiner Essen: Menswear-Experte Bernhard Roetzel weilt diesen Sommer in Brandenburg.
Martin Smolka
Free&easy ohne Kragen, aber auch ohne das gute Florentiner Essen: Menswear-Experte Bernhard Roetzel weilt diesen Sommer in Brandenburg.
Messen und Fashion-Weeks versuchen sich nun verstärkt im Digitalen. Aus Ihrer Sicht ein adäquater Ersatz?
Nein, auf keinen Fall. Man kann viele Meetings durch Videokonferenzen ersetzen, eine Modemesse aber nicht.

Auf was freuen Sie sich, wenn im Januar wieder die Pitti steigt?
Auf das erste Mittagessen im Presserestaurant, da trifft man immer die interessantesten Leute, vom guten Essen gar nicht zu reden.

Julian Daynov, Trend-Scout, Fashion Consultant, Kommunikations-Profi

TextilWirtschaft: Pitti Uomo wird dieses Jahr nicht stattfinden. Was machen Sie stattdessen? Und wo sind Sie gerade?
Julian Daynov:
Für mich, wie für sicherlich sehr viele Mode-Profis, die an diesem gut gelaunten Wanderzirkus namens Fashion Week teilnehmen, ist Pitti Uomo stets der Start einer neuen Runde an Abenteuern durch die Mode-Hauptstädte sowie die neuen Visionen der Designer und Marken. Heute ist es leider so, dass ich, statt beim Kick-off in Florenz, im Homeoffice gefangen bin. Kein Springen zwischen den Schauen, sondern nur zwischen Wohnzimmer und Schreibtisch. Nach und nach habe ich immerhin wieder angefangen, Kunden zu besuchen, allerdings lediglich in Deutschland - Hamburg, Düsseldorf und München. Ich habe das Gefühl, dass das vorerst meine persönlichen Mode-Hauptstädte sein werden.

Julian Daynov, auf der Jil Sander-Show während Pitti Uomo in Florenz.
Julian Daynov
Julian Daynov, auf der Jil Sander-Show während Pitti Uomo in Florenz.
Wo halten Sie sich gerade die meiste Zeit auf?
Ich bin aktuell in Berlin. Vor einigen Jahren habe ich hier meine Basis aufgeschlagen, von hier aus besuche ich alle meine Kunden. Berlin, das ist für mich die deutsche Stadt, die am nahesten an den Vibe von New York rankommt − und das war die Stadt, die bei mir davor im Mittelpunkt stand.

Für viele ist ja das Homeoffice aktueller Dreh- und Angelpunkt. Wie sieht das bei Ihnen aus − und was tragen Sie da?
Da mache ich keine Ausnahme: Seit rund zwölf Wochen arbeite ich jetzt von zuhause aus. Und das hat für mich einige Herausforderungen bereitgestellt, an die ich mich ersteinmal anpassen musste. Normalerweise ist es so, dass ich quasi in ein Unternehmen "implantiert" oder "installiert" werde und dann mit Kreativ-Team, Produktion und Design eng zusammenarbeite. Jetzt musste ich einen großen Teil der Führung und des Feedbacks an Kunden via Zoom oder Skype vermitteln. Wie wir alle gemerkt haben ist das nicht komplett unmöglich, aber definitiv irgendwie ungewöhntlich und distanziert.

Und Ihr Look dabei?
Der hat dabei, um ehrlich zu sein, sehr gelitten. In den ersten Wochen habe ich mich irgendwie in der Leisurewear festgefahren. Die ersten Monate habe ich quasi ausschießlich in meinen Pangaia-Hosen und meinen Glam-O-Meter-Hoodies verbracht − dann aber nach und nach angefangen, mich für die Calls und virtuellen Meetings zurechtzumachen. Und wissen Sie was − es hat mir so viel mehr an Normalität gebracht. Ich habe eine echt seltsame Korrelation zwischen meiner Produktivität und Kreativität entdeckt und der Art, wie ich mich anziehe.

Was vermissen Sie aktuell am meisten − ganz allgemein und auch mit Blick auf die fehlenden Fashion-Events?
Ich bin der festen Überzeugung, dass das großartigste an unseren Jobs und der ganzen verrückten Branche die Menschen sind, die wir treffen können und mit denen wir unsere Zeit verbringen. Fashion Weeks sind für mich immer wie eine Art Familientreffen. Man trifft Ex-Kollegen, aktuelle Freunde, Mitarbeiter vom anderen Ende des Planeten. Und ich denke, dass es das ist, was ich gerade am meisten vermisse. Nicht auf Shows und Messen gehen zu können hat Auswirkungen auf meine Arbeit und meine Aufträge. Es macht ehrlich gesagt nicht sonderlich viel Spaß, Trends auf Basis von Bildern und aus der Ferne zu analysieren und aufzubereiten.

Stylisch, auch ohne Event: Julian Daynov, aktuell hauptsächlich in Berlin unterwegs.
Julian Daynov
Stylisch, auch ohne Event: Julian Daynov, aktuell hauptsächlich in Berlin unterwegs.
Viele Messen und Schauen finden nun zum Teil rein digital statt. Ist das ein angemessener Ersatz?
So sehr ich den Gedanken an den umweltfreundlichen Vorteil von "keine physischen Messen" und "keine Fashion Shows" reizvoll finde, so wenig habe ich bisher adäquate Alternativen dafür gesehen. Ein riesiger Teil unseres Jobs basiert auf Emotion, Einfühlungsvermögen, der Einschätzung von Bekleidung, Farben, Formen, Volumen. Und obwohl ich mich als ziemlichen digitalen Nomaden bezeichnen würde, sehe ich nicht, wie die "Magie" von Fashion und Bekleidung komplett auf eine digitale Plattform passt. Aber natürlich bin ich sehr neugierig, wer das hinbekommen könnte. Ich würde auch nicht sagen, dass es unmöglich ist. Aber ganz betimmt weniger Fun.

Wären Sie eigentlich im September zur Pitti Uomo gekommen, wenn sie stattgefunden hätte?
Definitiv ja − Pitti Uomo ist nicht nur für meine Arbeit eine der unverzichtbaren Plattformen für die Marken- und Trend-Recherche. Sondern auch mein persönlicher Favorit. In zehn Jahren habe ich die Messe nur ein einziges mal nicht besucht, und das war, weil mein bester Freund geheiratet hat. Einen anderen Grund, nicht nach Florenz zu fahren, kann ich mir nicht vorstellen.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Messe, voraussichtlich im Januar 2021, wieder stattfindet.
Mein Hunger auf die Trends der Industrie wird wohl so groß sein, dass ich alles, was die Fondazione Pitti auftischt, verschlingen werde − Trend-Seminare, Schauen, Workshops, Networking Events, Summits und ganz besonders natürlich: Mich mit allen wieder zu treffen, mit all den Menschen zusammenzukommen, die dafür sorgen, dass ich in dieser Branche arbeiten will und mich als Teil einer großen Familie fühlen kann.

Jean-Claude Mpassy, Journalist

TextilWirtschaft: Keine Pitti. Nicht im Juni und auch nicht im September. Was machen Sie stattdessen gerade. Und wo?
Jean-Claude Mpassy: Ich bin momentan zu Hause in Wien und habe seit fast vier Monaten kein Flugzeug betreten. Das gab's bei mir glaub ich zuletzt vor zehn Jahren.

Wäre im September definitiv nach Florenz gekommen: Jean-Claude MPassy.
Pat Domingo
Wäre im September definitiv nach Florenz gekommen: Jean-Claude MPassy.
Wegen Covid-19 ist für viele Remote Work angesagt. Auch für Sie? Was ist Ihr Look dabei?
Remote Work ist für mich als Freelancer ja nichts Neues. Meinem Look bleibe ich mir dabei treu: bequemes Streetwear-Tailoring.

Was fehlt Ihnen (generell, aber auch durch den Wegfall der Pitti) gerade am meisten?
In Lockdown-Zeiten hat mir vor allem die soziale Komponente gefehlt: Freunde treffen, gemütliche Business Meetings bei einer Tasse Kaffee usw. Das Verlangen nach Reisen stieg erst vor kurzem wieder bei mir. Daher finde ich es natürlich sehr schade, dass die gewohnte SS21 Menswear Tour komplett ins Wasser fällt.

Jean-Claude Mpassy bleibt seinem Stil auch im Homeoffice treu: Streetwear-Tailoring.
Pat Domingo
Jean-Claude Mpassy bleibt seinem Stil auch im Homeoffice treu: Streetwear-Tailoring.
Wären Sie im September nach Florenz gekommen, wenn die Messe stattgefunden hätte?
Auf jeden Fall! Da die Pitti im Sommer immer Pflicht-Programm für mich war.

Viele Messen und Fashion-Shows werden jetzt digital. Aus Ihrer Sicht ein adäquater Ersatz?
Rein redaktionell gesehen auf jeden Fall. Den persönlichen Bezug sowie den Austausch mit Designern, Branchen-Insidern und PRs ersetzt das natürlich nicht. Auch für Einkäufer ist das kein adäquater Ersatz. Sie müssen zwangsläufig sehen, wie Teile in Real-Life aussehen und wie sich die Materialien anfühlen.

Auf was freuen Sie sich, wenn die Pitti im Januar wieder steigt?
Auf die Stadt Florenz, italienische Pasta und auf die vielen bekannte Gesichter.

Justus Hansen, Menswear-Influencer

TextilWirtschaft: Keine Pitti. Nicht im Juni auch nicht im September. Was machen Sie stattdessen? Und wo sind Sie gerade?
Justus Hansen: Wirklich schade, aber ein sehr richtiger Schritt meiner Meinung nach. Stattdessen sitze ich gerade in unserem Büro im Hamburger Hafen und nutze diese sehr ruhigen Monate um zusammen mit meinem Geschäftspartner unser Business Coaching für Informatiker aufzubauen.

Wegen Covid-19 arbeiten viele von zu Hause aus. Wie schaut es bei Ihnen aus? Und was tragen Sie dabei?
Die ersten acht Wochen arbeitete ich auch von zuhause aus, bis wir uns Anfang Juni ein Office zulegten und nun hier die Arbeitstage - mit Abstand - bestreiten.
Während meiner Zeit im Homeoffice waren mir gerade bequeme Hosen sehr wichtig. Immer mal wieder war ich obenherum schick gekleidet und trug untenrum entweder Jogginghosen oder leichte Hosen aus Flanell. Wichtig beim Home Office Look war mir vor allem, einen guten Mix aus schick & lässig zu finden. Schick, um die Arbeitsmoral hochzuhalten (ich lasse mich von meiner Kleidung tatsächlich stark beeinflussen). Lässig, weil man letzten Endes doch den ganzen Tag zuhause ist und kein Grund besteht, sich in ein komplettes Business-Outfit zu schmeißen.

Justus Hansen im Sommer auf der Pitti Uomo



Was fehlt Ihnen, ohne Pitti Uomo, aber auch generell gesprochen, aktuell am meisten?
Zum einen natürlich das Reisen, aber viel mehr der unbeschwert-menschliche Umgang im alltäglichen Leben. Gefühlsregungen bleiben unter einer Maske verborgen, sodass man nicht mal jemanden wohlwollend anlächeln kann. Statt eines Handschlags oder einer Umarmung von Freunden und auch neuen Bekannten weiß man nun nicht mehr, ob man nun den Ellbogen ausstrecken oder sogar die Ferse zum Gruß hinstrecken soll – menschliche Verwirrung und Unsicherheit. Anstatt sich über anregende Themen zu unterhalten, ist Corona - oder wie ein Bekannter von mir so schön sagt „Corinna“ - Thema eines jeden Gesprächsbeginns und lädt förmlich dazu ein, die deutsche Beschwerdekultur noch weiter aufblühen zu lassen. Also ja: Es fehlen mir die Unbeschwertheit und der normale soziale Umgang. Nähe statt Abstand.

Wären Sie im September nach Florenz gekommen?
Absolut und ich hatte mich auch schon sehr darauf gefreut. Natürlich sind die Sommermonate wettertechnisch nicht zu schlagen, aber rein modisch vor Ort wäre es im September sehr interessant gewesen, um alles via Social Media abzudecken. Denn meiner Meinung nach sind die Looks in der Januar-Edition der Pitti Uomo deutlich besser, da sie mehr Know-how bei Stoffkunde und Layering benötigen. Auch die Farbtöne sind dezenter, gedeckter. Im Sommer hingegen geht man im Anzug fast ein (30 Grad plus), die „Pitti Peacocks“ kommen raus und die Farbpalette ist für meinen Geschmack einige Stufen zu schrill. Hätte Pitti nun im September stattgefunden, hätte mich die Wahl der Outfits zu dem recht milden Wetter sehr interessiert!

Messen und Fashion-Week versuchen sich nun verstärkt im Digitalen. Aus ihrer Sicht ein adäquater Ersatz?
Naja, adäquat ist hier eine Frage der Perspektive. Aus Sicht von Wirtschaftlichkeit und Umweltbewusstsein: absolut. Aus Sicht der Experience, optisch, haptisch und auch zwischenmenschlich - was in der Fashion Branche absolute Grundsäulen sind - meiner Meinung nach zwar ein guter und kluger Ersatz, aber keine vollwertig ersetzende Lösung. Mode ist Emotion und Emotionen entstehen durch das Zusammenspiel der Sinneswahrnehmung, was durch eine mediale Bespielung leider etwas zu kurz kommt. Daher freue ich mich umso mehr, die nächste Messe im Januar wahrnehmen zu können.

Auf was freuen Sie sich, wenn im Januar wieder die Pitti steigt?
Auf die florentinische Architektur, den unvergleichlichen Flair, neue Outfitinspirationen, die wie Farbe auf der Leinwand sind, meine italienischen und international angereisten Freunde und Geschäftspartner, wie aber natürlich auch die neuesten Kollektionen der weltweit renommiertesten Menswear-Häuser.

Olivier Langhendries, Model und PR-Berater

TextilWirtschaft: Keine Pitti. Nicht im Juni auch nicht im September. Was machen Sie stattdessen? Und wo sind Sie gerade?
Olivier Langhendries: Ich werde in Mailand sein. Und von zu Hause aus arbeiten.

Wegen Covid-19 arbeiten viele von zu Hause aus. Wie schaut es bei Ihnen aus? Und was tragen Sie dabei?
Ich trage T-Shirt und Bermuda. Das könnte ich auch im Büro anhaben.

Olivier Langhendries auf Instagram



Was fehlt Ihnen ohne Pitti Uomo?
Mir geht es schon ab, dass ich die neuen Kollektionen der Brands nicht sehen kann. Zudem fehlen mir die Begegnungen mit den Journalisten. Auf der Pitti lerne ich immer neue Menschen kennen. Das fällt jetzt erst einmal flach.

Die Messen und Fashion-Weeks sind digital. Ein Ersatz?
Solche digitalen Präsentationen sind auf jeden Fall eine gute Lösung, um die neuen Kollektionen zu präsentieren, ohne Angst zu haben, die Vorschriften hinsichtlich des Mindestabstands einzuhalten. Auf jeden Fall wird das Digitale nicht in der Lage sein, die gleiche Experience zu vermitteln. Das ist für die Marken schon eine Herausforderung. Ich bin gespannt, was sie sich einfallen lassen.

Olivier bei sich zu Hause: T-Shirt, Bermuda und Zimmerpflanze
Olivier Langhendries
Olivier bei sich zu Hause: T-Shirt, Bermuda und Zimmerpflanze
Die nächste Pitti steigt im Januar. Auf was freuen Sie sich am meisten?
Ich werde wieder in dem Restaurant zu Abend essen, das der Familie eines Freundes gehört. Das Lokal habe ich 2008 auf meiner ersten Pitti Uomo entdeckt.

Alessandro Squarzi, Modeunternehmer und Influencer

TextilWirtschaft: Keine Pitti. Nicht im Juni auch nicht im September. Was machen Sie stattdessen? Und wo sind Sie gerade?
Alessandro Squarzi: In Anbetracht der zweimonatigen Covid-19-Zwangspause werde ich auf jeden Fall bei der Arbeit sein. Momentan arbeite ich an den Kollektionen für Fortela und Fay Archive.

Wegen Covid-19 arbeiten viele von zu Hause aus. Wie schaut es bei Ihnen aus? Und was tragen Sie dabei?
Für mich gilt kein Smart Working. Ich bin auch nicht zu Hause. Ich trage heute eine eisfarbene Hose von Fortela, Modell Steve. Darüber habe ich mir ein weißes Hemd angezogen.

Covid-19 oder nicht, immer gut gestylt: Alessandro Squarzi
Courtesy
Covid-19 oder nicht, immer gut gestylt: Alessandro Squarzi
Was fehlt Ihnen an der Pitti am meisten?
Mir fehlt nicht die Show. Mir fehlt die Arbeit auf der Pitti. Und sicherlich fehlen mir auch viele Bestellungen meiner ausländischen Kunden.

Die Pitti-Macher wollten die Messe auf September verschieben, mussten dann aber absagen. Wären Sie im September gekommen?
Ich bin mir nicht sicher, ob Sie das wissen: Ich gehöre dem Organisatorenteam an. Hätte die Pitti im September stattgefunden, dann hätte ich mit meinen Marken auf jeden Fall teilgenommen. Die Pitti hat mir immer schon viel gegeben. Das wäre nicht richtig gewesen, sie dann im Stich zu lassen.

Die Messen und Fashion-Weeks sind digital. Ein Ersatz?
Absolut nicht. Ich gehöre der alten Garde an. Ich tue mir schon schwer damit, Mode online zu kaufen. Was soll ich denn dann über eine digitale Messe sagen?

Alessandro Squarzi: "Ich gehöre zur alten Garde auf der Pitti."
Kristina Tochilko
Alessandro Squarzi: "Ich gehöre zur alten Garde auf der Pitti."
Die nächste Pitti steigt im Januar. Auf was freuen Sie sich am meisten?
Ich hoffe, dass im Januar in Florenz alles in Ordnung sein wird, und wir die Pandemie hinter uns gelassen haben. Denn das würde es uns erlauben, endlich wieder voll arbeiten zu können.




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