Servus! Das ist nicht nur urtypische Münchner Anrede, sondern auch das Motto der Eröffnungskampagne, mit der die Münchner Institution Sport Schuster dieser Tage auf das große Re-Opening des Hauses aufmerksam macht. Zwei Jahre lang wurde „der Schuster“ umgebaut, vergangene Woche wurde das um rund 1000 m² erweiterte Haus gemeinsam mit mehreren Hundert Gästen feierlich eingeweiht. In einer Stadt, in der an Sport-Flächen kein Mangel herrscht – da ist selbst das SportScheck-Flaggschiff mit seinen 10.000m² nur eine von vielen. Allein Adidas wird in München heute auf dem Stück zwischen Kaufinger Straße und Marienplatz an rund 50 POS verkauft.
Doch um schiere Größe ging es den Schuster-Verantwortlichen natürlich nicht – zumal die Fläche jetzt sehr viel großzügiger gestaltet ist. Gewonnen wurden die Extra-Quadratmeter durch die Integration eines zweiten Gebäudes – ein äußerst komplexes Bauvorhaben, das letzten Endes ein Jahr mehr Zeit in Anspruch nahm als ursprünglich einmal geplant. „Jetzt ist offen – das allein zählt“, so Rainer Angstl, der das Unternehmen seit 15 Jahren gemeinsam mit Gründerenkel Flori Schuster führt. Richtig geschlossen war das nun rund 5000 m² große Haus „nur“ in den letzten fünf Wochen des Umbaus.
Bereits im April dieses Jahres wurde hingegen die Schuster-Filiale in der nahe liegenden Hofstatt geschlossen, die seit März 2016 die Sortimente Training, Fitness und Yoga beherbergt hatte. Die haben nun ihre Heimat im neuen Schuster gefunden. Für Frauen gibt es jetzt eine ganze Etage rund um Running und Fitness, Yoga und Athleisure – allein schon vom Ladenbau leichter, heller, luftiger als die übrigen Stockwerke.
Angstl hat ohnehin eine sehr pragmatische Sicht auf wirklich sinnvolle digitale Angebote auf der Fläche: „Du brauchst nichts, was der Kunde nicht schon sowieso in der Hosentasche hat.“ Worauf es den Verantwortlichen bei Schuster dann ankommt? „Darauf, die Ware richtig zu inszenieren“, sagt Store-Manager Zipfer. „Atmosphäre zu schaffen.“ Und so gibt es im neuen Haus allein 160 Leuchtkästen, die jede Saison mit neuen Motiven bespielt werden. Und jedes einzelne wird von Angstl persönlich abgesegnet. „Die Motive, die uns die Industrie liefert, müssen in unsere Gesamtaussage passen, Logos müssen prinzipiell weiß sein.“ Um „Wildwuchs“ zu vermeiden, so Angstl. Das ist auch der Grund, weshalb die insgesamt 14 Bildschirme, mit denen das Haus jetzt auch aufgerüstet wurde, noch nicht mit Bewegtbild bespielt werden. Wirklich stimmigen Content könnten die Partner heute noch gar nicht bereitstellen. „Aber hätten wir die Screens nicht jetzt angeschafft, hätten wir es wahrscheinlich nie gemacht.“ Allein für die Kommunikation im Haus hat Schuster 300.000 Euro ausgegeben. Insgesamt hat der Umbau die Familie Schuster einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet.
Das Ergebnis ist ein Laden mit unverkennbar eigener Handschrift (Architektur: Blocher Partners, Stuttgart und OSA, München für den Erweiterungsbau Rindermarkt). Mit Highlights wie der Seilschneidemaschine mit integrierter Abzugshaube in der Kletterabteilung, der neuen Boulderwand zum Testen der Kletterschuhe, der interaktiven Karte zum Entdecken des Schusterschen Kosmos, den großflächigen, emotionalen historischen Familien-Motiven, der auf 700 m² verdoppelten Kindermode-Abteilung, der für nächsten Sommer angeteaserten E-Bike-Abteilung im UG und und und.
Insgesamt wirkt das Haus urbaner und auch etwas kühler als zuvor, das wird aber durch den gezielten Einsatz von Holzelementen aufgefangen – wie etwa der großen Übersichtstafel auf jeder Etage. Ganz neu und total analog. Trotz der Größe der einzelnen Etagen ist das Haus schlüssig strukturiert – obwohl es komplett ohne Marken-Shops auskommt und auch ohne riesige Aktionsflächen. Die gibt es natürlich, auf jeder Etage, aber auf Schuster-eigenem Ladenbau. Bestückt mit Ware, die Schuster ausgewählt und eingekauft hat. „Wir verkaufen keine Flächen“, betont Angstl. Wenn aber etwa Puma, die zum Start eine große Aktionsfläche in der Damen-Etage belegen, einen stylishen Sneaker dazustellen möchten, ist ihm das nur recht. „Wo, wenn nicht hier?“ Ins Sneaker-Business müsse Schuster jetzt erst einmal hineinwachsen.
Dafür arbeitet das Schuster-Team auf seiner Fläche sehr diszipliniert. In Drei-Monats-Perioden werden die Erlöse bis auf Kleinstebene, bis auf einzelne Haken heruntergebrochen, genau erfasst, analysiert und optimiert. „Filetieren und neu zusammensetzen“ nennen sie das. Diese Erkenntnisse teilen sie auch mit ihren Lieferanten. „Je offener wir sind, desto mehr profitieren wir “, betont Angstl, der bekannt ist für klare Worte, gerade auch den Partnern in der Industrie gegenüber.
Die große Neuausrichtung im Jahr 2006 führten zu einem deutlichen Umsatzwachstum des 1913 gegründeten Unternehmens, zu dem auch der Fußball-Spezialist Münzinger gehört. Damals lag der Umsatz bei 30 Mio. Euro, konnte in den folgenden Jahren auf bis zu 48 Mio. Euro gesteigert werden. „Als wir dann beschlossen haben, dass wir die Wachstumskurve neu ansetzen müssen, war klar, das schaffen wir nicht mit dem alten Ladenbau.“ Etwa 10% der Erlöse erzielt Schuster mit dem Online-Shop. Der Ausbau dieses Geschäfts steht nicht oben auf der Agenda. „Das Online-Geschäft hat eine ganz andere Struktur. Im Netz geht alles über Preis oder ganz Exklusives.“ Im Laden geht vor allem das, wovon die gut 150 Mitarbeiter auf der Fläche selbst überzeugt sind. Denn die sind auch im neuen Schuster das A und O.