Wie lassen sich Wachstum und ehrgeizige Klimaziele miteinander vereinbaren? Nur mit noch entschiedeneren Maßnahmen.
In seinem jüngsten Nachhaltigkeitsbericht thematisiert der schwedische Outdoor-Anbieter Haglöfs ein Dilemma, in dem wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen stecken, die ihre Emissionen senken wollen. Denn mehr Umsatz bedeutet in aller Regel auch mehr CO2-Ausstoß. Wie löst man das auf?
"Wir sind uns bewusst, dass wir als wachsendes Unternehmen auch eine wachsende Verantwortung haben. Wir werden an unserer Klimaschutzverpflichtung, unsere Emissionen bis 2030 zu halbieren, festhalten. Die Kluft zwischen dem, wo wir heute stehen, und dem, wo wir hinwollen, hat sich jedoch vergrößert, sodass wir unsere Anstrengungen in den Bereichen, die die größten Auswirkungen haben, beschleunigen müssen." Das sagt Fredrik Ohlsson, CEO von Haglöfs. Sein Dilemma: Haglöfs wächst. 21% mehr Umsatz hat der schwedische Outdoor-Anbieter im vergangenen Jahr gemacht, die Erlöse von 724,45 Mio. Schwedischen Kronen (70,6 Mio. Euro) auf 876 Mio. SEK gesteigert. Die Zahl der verkauften Produkte stieg von 1,37 Millionen auf 1,62 Millionen Stück.
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Mehr Umsatz, mehr Emissionen
Damit einher gehen allerdings auch deutlich höhere CO
2-Emissionen: Seinen CO
2-Fußabdruck beziffert Haglöfs mit 23.837 Tonnen CO
2 für das Jahr 2021. Die sogenannten Scope 1 und Scope 2-Emissionen, die Haglöfs direkt beeinflussen kann, machen dabei gerade einmal 1% aus. Diese wurden allerdings noch weiter gesenkt, etwa durch die Umstellung auf erneuerbare Energien und Austausch des Fuhrparks auf Hybridfahrzeuge.
Scope 1-, Scope 2- und Scope 3-Emissionen
Scope 1: direkte Treibhausgas-Emissionen, die aus Quellen stammen, die von Haglöfs betrieben werden, z.B. Firmenwagen
Scope 2: Treibhausgasemissionen aus der Erzeugung von Energie, die von Haglöfs eingekauft wird, z.B. Strom und Heizung für Büros und Lager
Scope 3: indirekte Emissionen, die in der Wertschöpfungskette entstehen, z.B. Emissionen aus dem Transport, der Produktion, Nutzung und Entsorgung von Waren
Einen negativen Einfluss hatte 2021 auch die höhere Luftfracht-Rate aufgrund anhaltender Unterbrechungen der Schifffahrtsrouten auf der ganzen Welt. Obwohl weniger als 7% aller Sendungen auf den Luftverkehr entfielen, trugen sie zu über 60% der Transport-Emissionen bei.
In Summe vergrößerte sich Haglöfs' CO
2-Fußabdruck deutlich. Allerdings lassen sich die Werte aus beiden Jahren (2020: 18.761 Tonnen CO
2, 2021: 23.837 Tonnen CO
2) nur bedingt miteinander vergleichen, da im Vorjahr zum Teil noch Schätzwerte eingeflossen sind und andere noch verifiziert wurden.
Betrachtet man die Emissionen pro hergestelltem Produkt, konnten diese allerdings gesenkt werden, auch die Umweltauswirkungen der einzelnen Materialien sanken nach Angaben von Haglöfs, und zwar pro produziertem Kilogramm um 4%.
Weitere Maßnahmen und Initiativen
Eine wichtige Maßnahmen zur geplanten Halbierung der Emissionen bis 2030 ist nun vor allem eine weitere Erhöhung des Anteils an Materialien mit geringerer Umweltbelastung. Aktuell sind das neben recycelten Materialien Tencel, RWS-zertifizierte Wolle, Organic Cotton und Hanf sowie weniger schädliche Färbemethoden wie no dye, solution- und CO
2-dyeing.
Bis 2025 sollen alle Styles mindestens 50% recycelte Materialien enthalten oder aus anderen dieser sogenannten präferierten Materialien bestehen, so die Zielvorgabe. In der Kollektion für Winter 2021 habe das auf knapp über 50% aller Styles zugetroffen.
Ebenfalls auf der Agenda steht die Umstellung auf effizientere Fabriken und Produktionsprozesse. Von entscheidender Bedeutung werde auch die Zusammenarbeit mit Wettbewerbern sein, heißt es. Wie eine solche Zusammenarbeit funktionieren könnte, zeigt zum Beispiel das von der European Outdoor Group (EOG) koordinierte Projekt zur Dekarbonisierung der Lieferkette: Zehn Outdoor-Brands, darunter Haglöfs, haben 2021 Informationen über die Lieferkette geteilt, um Bereiche für eine Zusammenarbeit zu identifizieren.
Daraufhin wurde ein externer Partner mit der Durchführung von CO
2-Bewertungen in wichtigen gemeinsamen Fabriken beauftragt, um die Hotspots der Treibhausgasemissionen zu identifizieren und gemeinsam schneller voranzukommen. Die teilnehmenden Unternehmen unterstützen und finanzieren gemeinsam die in den Aktionsplänen festgelegten Bewertungen und Verbesserungen der Einrichtungen. Die Bündelung von Ressourcen und die Zusammenarbeit auf diese Weise ermöglichen einen kosteneffizienteren Weg zur Dekarbonisierung.
Außerdem werde es für Haglöfs – seit 2010 Teil des japanischen Asics-Konzerns – immer wichtiger, alternative Geschäftsmodelle wie Haglöfs Restored auszubauen. So könne das Unternehmen weiter wachsen, ohne immer mehr Produkte produzieren zu müssen.
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