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Sport 2000 Zukunftstag in Mainhausen

Pain Points und Zukunftsstrategien

Sport 2000
Mehr als 100 Händler kamen zum Zukunftstag der Sport 2000 nach Mainhausen, um sich zu informieren und endlich wieder Kollegen zu treffen.
Mehr als 100 Händler kamen zum Zukunftstag der Sport 2000 nach Mainhausen, um sich zu informieren und endlich wieder Kollegen zu treffen.

Neue Plattform, neue Marke, neuer Claim - drei der Neuheiten, mit denen Sport 2000 die Händler fit für die Zukunft machen will. Doch den Händlern brennen auch ganz aktuelle Themen auf den Nägeln. 

5126 Prototypen, die nicht funktioniert haben. Das war die Bilanz von James Dyson, bis ihm mit Prototyp Nr. 5127 die Revolutionierung des Staubsaugermarkts gelang. "Hohe Qualität ist immer eine Folge hoher Quantität", sagt Peter Kreuz, Bestseller-Autor und Key Note-Speaker beim Zukunftstag der Verbundgruppe Sport 2000 in Mainhausen. Mehr als 100 Händler waren gekommen, um sich endlich wieder zu sehen, auszutauschen – und sich über die Strategie 2025 der Gruppe zu informieren. Die Key Note von Kreuz traf bei vielen Zuhörern einen Nerv.


Etwa sein Appell, Dogmen kontinuierlich zu hinterfragen. Kreuz zitiert die Philosophin Hannah Arendt: "Denken ohne Geländer". Man solle versuchen, die vermeintlichen "Gesetze der Branche" als "intellektuelle Zwangsjacken" abzulegen. Kreuz verweist auf eine Gallup-Studie: "Die größten Veränderungen in jeder Branche setzen neue Wettbewerber in Gang. Was hat sie erfolgreich gemacht? Sie haben die Spielregeln verändert."

Sport 2000: Statements vom Zukunftstag


Amazons Erfolgsgeheimnis? "Eine direkte Folge der Anzahl der Experimente, die Amazon jedes Jahr, jeden Monat, jede Woche, jeden Tag macht." Kreuz zitiert den Designer Alberto Alessi: "Alessi ist stolz auf seine Flops. Wenn wir ein oder zwei Jahre keine Niederlage erleben sollten, befinden wir uns in höchster Gefahr. Ein Unternehmen ohne Niederlagen ist kreativ tot."

Mitspielen im Wettbewerb um die Zukunft

Kreuz' Aufforderung an die über 100 Händler, die sich am Mittwoch in Mainhausen trafen: "Fragen Sie sich öfters mal: Was kann ich tun, was ich so noch nie getan habe?" Wer das einmal die Woche tut, wird am Ende des Jahres nicht auf 52 Erfolgsgeschichten zurückblicken. Aber wenn nur einige der Ideen geglückt sind, hat sich das Experiment gelohnt.

Zumal wir akzeptieren müssten, dass wir auf die Spielregeln ohnehin nur begrenzt Einfluss nehmen können. Das habe die Pandemie in aller Deutlichkeit gezeigt. Er spricht vom "unendlichen Spiel", in dem wir uns befinden. Ohne feste Regeln und mit wechselnden Mitspielern. Kreuz' wichtigste Botschaft: Das Tagesgeschäft – der "Wettbewerb um die Gegenwart" – sollte nicht alle Kraft und Energie binden, wertvolle "Zeit für die Birne" sollte auch in den "Wettbewerb um die Zukunft" investiert werden. Also nicht dem "best practice" nacheifern, sondern das "next practice" entwickeln.

Pain Points Personal und Ware

Bei den drängendsten Fragen, die den Handel beim "Wettbewerb um die Gegenwart" umtreibt, herrscht bei den anwesenden Händlern in großen Teilen Konsens. "Personal. Das ist aktuell unser brennendstes Thema", sagt etwa Bernd Niebel, der zwölf Modehäuser betreibt, eines davon mit einer Sportfläche. Die Erwartungen der Bewerber hätten sich massiv verändert. "Selbst die Jungen wollen heute eine Vier-Tage-Woche." Auch Jens Klahsen von Sport Klahsen in Aschendorf brennt das Thema Personal unter den Nägeln. "Nicht wenige haben sich an die Kurzarbeit gewöhnt und sind nicht zurückgekommen." Beide umtreibt aber auch noch ein ganz anderes Problem: die Warenknappheit. "Uns fehlt Ware im großen Stil", betont Klahsen, Mitglied des Sport 2000-Beirats und seit 25 Jahren im Verbund. "Und zwar nicht nur bei den beiden Großen, sondern auch bei Outdoor."


Konkretes Beispiel: Die Stornoquote von Nike bei Sport 2000-Händlern liege aktuell bei 38%, berichtet Sport 2000-Geschäftsführerin Margit Gosau. "Damit können wir allerdings vergleichsweise glücklich sein. Bei Partnern mit einem hohen Fokus ist im Lifestyle-Schuhbereich ist diese deutlich höher.“
Die Sorge vieler Händler, mit Inkrafttreten der neuen Distributionsrichtlinien zum 1.6.23 gar nicht mehr von Nike beliefert zu werden, kann sie nicht komplett ausräumen. "Händler weltweit werden in Zukunft neue Eintrittskriterien erfüllen müssen." Nike kenne die Retail-Konzepte der Sport 2000 – und bewerte sie als zukunftsfähig und attraktiv für Sportkonsumenten. "Unsere Konzepte erfüllen alle Kriterien." Welche Kriterien das seien, darüber werde Nike alle Händler noch informieren.

Ausbau der Spezialisten-Konzepte

Diese Retail-Konzepte spielen eine entscheidende Rolle in der Zukunftsstrategie der Sport 2000. Die so genannten Spezialisten mit Fokus auf Outdoor, Running, Teamsport, Ski oder Sneaker sind schon heute eine wichtige Säule des Verbunds. Für diese Händlergruppe gibt es so genannte Spezialistenkonzepte wie Running Experts oder Outdoor Profis. Das Konzept mit der höchsten Verbindlichkeit ist das Absolute Retail-Format, quasi ein Soft-Franchise-Format.

Mit Martin Schwarz war ein Teamsport-Händler auf dem Podium, der seinen Laden Sportdirekt vor 29 Jahren eröffnet hat und sich entschieden hat, auf Absolute Teamsport umzuflaggen. "Während ich hier sitze, wird in unserem Laden in Wuppertal gehämmert und gebohrt, damit wir in 14 Tagen eröffnen können." Diese Entscheidung sei alternativlos gewesen, berichtet er. "Alleine hätte ich es nicht mehr geschafft. Einzelkämpfer verlieren nicht nur Ansprechpartner bei Adidas und Nike, sondern auch Zugriff auf die Ware." In diesem neuen Setup könne er sich wieder auf seine Kernkompetenz konzentrieren: "Service, Service, Service."


Möglich sei das, da mit Absolute Teamsport wesentliche Anforderungen der Industrie an ein europäisches Top-Teamsport-Kozept umgesetzt würden, berichtet Division Head Teamsport Alexander Löbe. Die reichen von einer eigenständigen Gesellschaft über ein eigenständiges Marketing-Konzept und ein Teamsport-Großlager bis hin zum Thema E-Com, Social Media-Fokus und einem vollständigen Datenaustausch. "Wer Nike keine Abverkaufsdaten liefert, der hat für Nike nichts verkauft. Und der kriegt dann auch nichts", bringt er die Bedeutung des Themas Daten auf den Punkt.

TW Podcast: Magic Bründl: Wie ein Sport-Retailer zum Stationär-Influencer wird

Unterschiede in den Kategorien

Wie wenig vergleichbar allerdings die einzelnen Kategorien sind, wird beim Vortrag von Tim Wahnel deutlich, Leiter der Division Outdoor. "Im Teamsport werden 90% der Umsätze mit drei Lieferanten gemacht. In der Outdoor machen wir mit 90 Lieferanten ein Drittel des Umsatzes." Salopp gesagt. Konkret: Auf die Top 10-Marken entfallen bei der Spezialisten-Einheit Outdoor-Profis nur 35,8% des Einkaufsvolumens. In der Konsequenz heißt das: Theoretisch könnte man selbst ohne den stärksten Lieferanten überleben – "es gibt eine Vielzahl an Alternativen". Daher sein dringender Appell an die Händler: "Baut Marken auf!"

Spezialisierung für Generalisten

Die große Klammer bildet allerdings die Maxime: Lieber das Richtige als von allem etwas. Eine Spezialisierung – etwa im Bereich Outdoor – sei auch für die breit aufgestellten Generalisten unverzichtbar, betont Margit Gosau. Dabei unterstützt sie der Verbund durch die neuen so genannten Club-Konzepte. Diese gibt es für die einzelnen Kategorien, mit ähnlichen Anforderungen an und Leistungen für die Händler. Wer sich zum Beispiel entscheidet, sich als Generalist in der Kategorie Running zu spezialisieren, verpflichtet sich unter anderem zum Erfüllen der Pflichtmandate mit durch Sport 2000 definierten Marken. Auf Dauer sollte er mindestens vier Marken im Sortiment haben mit einem EK-Volumen von über 50.000 Euro mit Laufschuhen. Dafür gibt es unter anderem spezielle Waren- und Marketingpakete. Für die geforderte Bereitstellung einer Running Kompetenz-Fläche gibt es im Gegenzug entsprechende Sortimentsanalysen und -vorschläge.

Fokus Digitalisierung

Sport2000.de geht in die zweite Runde. Nachdem Sport2000.de zunächst als schuhe.de-Klon aufgesetzt wurde, wurde nun eine neue, eigenständige Plattform gelauncht. Mit eigenen Produktdaten, Einbindung der Spezialistenkonzepte auf der gemeinsamen Plattform, Markenspecials und der Möglichkeit, die angeschlossenen Händler in Szene zu setzen.
Der Verkauf über diese Plattform ist nach Meinung von ANWR Media-Geschäftsführer Michael Decker die erste Stufe einer möglichen Online-Strategie der Händler. Der nächste Schritt könnte der Verkauf über externe Marktplätze wie Amazon, Zalando und Ebay sein, die dritte Stufe ein eigener Online-Shop.
Christian Dohm ist einer der Geschäftsführer bei Bunert Online und betreibt den E-Com des Laufspezialisten Bunert mit 14 Laufläden in Nordrhein-Westfalen. Er betont: "Pflicht ist es, online sichtbar zu werden. Etwa als lokaler Händler bei Google angezeigt zu werden, wenn jemand in der Nähe den Brooks Ghost sucht. E-Com ist dann die Kür. Das ist echt ein Haufen Arbeit." Auch Decker unterstreicht: "Ein eigener Online-Shop macht nur Sinn für Händler, die stationär sattelfest sind. Ein maues Stationärgeschäft mit Online auszugleichen klappt in der Regel nicht."

Neuer Claim, neue Eigenmarke

Home of Experts – das ist der neue, internationale Brand Claim von Sport 2000. Mit dem Start einer globalen Kampagne präsentiert sich Sport 2000 zum ersten Mal in allen 25 Ländern mit einem einheitlichen Markenauftritt. Im Mittelpunkt der Kampagne steht die Headline "Welcome Home".
Große Veränderungen stehen bei den Eigenlabels der Sport 2000 an: High Colorado, Stuf und V3Tec werden abgeschafft. Genauer: Sie werden ersetzt. Und zwar durch eine einzige Brand: Witeblaze. Daneben wird nur noch Beach Body als Sport 2000-Exklusivmarke in Deutschland vertrieben.
Witeblaze soll als multifunktionale Brand alle relevanten Sportarten unter einem Dach vereinen. Einher gehen soll die Einführung dieser neuen Marke zum Sommer 23 mit einem leichten Upgrading. Senior Category Managerin Verena Schledorn spricht von einem "ehrlichen" Preis-Leistungsverhältnis. "Wir verlassen den Preiseinstieg."
Der Wettbewerb um die Zukunft ist eröffnet.



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