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TW-Analyse: Das zweite Halbjahr bei den Sportkonzernen

Adidas ausgebremst – und die Konkurrenz?

Adidas
Bjørn Gulden übernimmt das Ruder bei einer Firma in schwierigem Fahrwasser. Nicht zum ersten Mal.
Bjørn Gulden übernimmt das Ruder bei einer Firma in schwierigem Fahrwasser. Nicht zum ersten Mal.

Wachstum gebremst, Ausblick verhalten – bei Adidas läuft es alles andere als rund. Anders bei Nike & Co. Druck kommt aber vor allem von zwei Aufsteigern, die 2022 die Milliardengrenze überschritten haben.

Bjørn Gulden kündigt ein "Übergangsjahr" an. 2023 werde die Basis geschaffen, um "wieder ein wachsendes und profitables Unternehmen zu werden". Das war die Message, die der neue Adidas-CEO bei Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen für 2022 und der Prognose für 2023 senden wollte.


Gut möglich, dass in diesem Jahr sogar ein Verlust in den Büchern stehen wird. Nach dieser Ankündigung wird schon das Erreichen einer schwarzen Null als Erfolg für Gulden verbucht werden können. Die Erwartungen möglichst niedrig halten und die Prognose dann Jahr für Jahr übertreffen – mit dieser Strategie fuhr der neue Mann an der Adidas-Spitze schon bei Puma hervorragend.

Immerhin erreichte Adidas 2022 seine wiederholt nach unten korrigierte Prognose. Gerade so. Ende Oktober hatte Adidas noch ein währungsbereinigtes Wachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich in Aussicht gestellt. Wenige Tage später wurde das Aus der Yeezy-Partnerschaft mit Skandal-Rapper Ye aka Kanye West verkündet und eine halbe Milliarde ausfallender Yeezy-Umsatz allein für das vierte Quartal 2022 eingepreist. Damit wurde der Ausblick auf ein niedriges einstelliges Umsatzwachstum gestutzt. Erreicht hat der Konzern ein währungsbereinigtes Plus von 1% im Gesamtjahr, in Euro immerhin 6%.

Das entspricht auch der Wachstumsrate im zweiten Halbjahr 2022. Um 6,7% legte Adidas von Juli bis Dezember zu, erzielte einen Umsatz in Höhe von 11,6 Mrd. Euro. Allerdings steht die Nummer Zwei der Welt damit deutlich schwächer da als der Wettbewerb. Ein Blick auf die Zahlen:

Nike +10%

Weltmarktführer Nike baut seinen Vorsprung kontinuierlich weiter aus. Der Konzern machte im ersten und zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2022/23 – also im Zeitraum von Juni bis November 2022 – 26 Mrd. US-Dollar (24,3 Mrd. Euro) Umsatz. Das waren 10% mehr als im Vorjahr. Auch in Sachen Profitabilität ist Nike seinem ärgsten Verfolger enteilt. Zwar musste auch der US-Rivale in diesem Zeitraum einen Rückgang des Nettogewinns um 13% hinnehmen, hat aber immerhin noch 2,3 Mrd. Euro verdient.

Under Armour +1%

Mit Under Armour muss Adidas den Vergleich nicht scheuen, was die Dynamik des Wachstums angeht. 3,1 Mrd. Dollar Umsatz und damit nur 1% mehr als im Vorjahr machte der US-Konzern von Juli bis Dezember – hat seinen Status als bedrohlicher Angreifer und Nummer Drei der Welt allerdings vor einigen Jahren schon verloren. Allerdings scheint sich auch Under Armour zu berappeln und mit leiseren Tönen wieder auf Spur zu kommen. In wenigen Tagen steht auch dort ein Wechsel an der Spitze an. Mit der langjährigen Marriott-Managerin Stephanie Linnartz wird die erste Frau CEO bei einem der großen Sportartikel-Konzerne – ausgerechnet bei der nach wie vor maskulin besetzten Brand Under Armour.

Skechers +17%

Schon heute größer als Under Armour ist der US-Konzern Skechers, ein immer wichtiger werdender Player im Freizeitschuh-Markt. Skechers konnte im zweiten Halbjahr 2022 erneut zweistellig zulegen: Dank eines Umsatzplus' von 17% kommt der Konzern in diesem Zeitraum auf 3,8 Mrd. Dollar Umsatz.

Asics +33%

Ein sensationelles zweites Halbjahr hat Running-Spezialist Asics hingelegt: Dank eines Umsatzplus von 33% auf 259,5 Mrd. Yen (1,81 Mrd. Euro) von Juli bis Dezember erzielte der japanische Konzern im Gesamtjahr ein Plus von 19,9% auf 484,6 Mrd. Yen. Besonders dynamisch ist das Geschäft vor allem in der Adidas-Heimatregion EMEA – das gilt für Asics genauso wie für Under Armour und Nike.

Lululemon +25%

Der kanadische Yogawear- und Lifestyle-Anbieter Lululemon hat zwar noch keine Zahlen für das letzte Quartal des laufenden Geschäftsjahres veröffentlicht, aber im Vorfeld der Investoren-Konferenz ICR, die im Januar in Orlando stattfand, seine Prognose für das vierte Quartal des Geschäftsjahres 2022/23 (31. Januar) aktualisiert. Die Umsatzprognose wurde leicht angehoben auf 2,66 bis 2,7 Mrd. Dollar – was ein Umsatzplus von 25% bis 27% bedeutet.

On Running +47%

Doch die schärfsten Angreifer von Adidas & Co sind andere. On Running aus der Schweiz hat 2022 erstmals die Milliardenhürde genommen. Zwar stehen auch hier noch die Zahlen für das vierte Quartal aus, doch Martin Hoffmann und Marc Maurer, die beiden Co-CEOs, berichteten im Rahmen der ICR-Konferenz von einem "sehr erfolgreichen" vierten Quartal. Die letzte Prognose hatte einen Umsatz von rund 600 Mio. Schweizer Franken (608 Mio. Euro) für das zweite Halbjahr in Aussicht gestellt. Das wären 47% mehr als im Vorjahr.

Hoka +73%

Noch besser läuft es derzeit bei Hoka. Der Aufsteiger im Running-Segment wurde 2009 in Frankreich gegründet, gehört mittlerweile zur Ugg-Mutter Deckers Brands. Bei dem US-Konzern ist Hoka der stärkste Wachstumstreiber: Der Umsatz mit den Laufschuhen mit der markanten Sohle legte im zweiten Halbjahr von 395 Mio. auf 685,1 Mio. Dollar zu. Mit diesem Plus von 73% ist Hoka derzeit absoluter Wachstums-Spitzenreiter.

Da Puma noch keine Zahlen für das Schlussquartal vorgelegt hat, fehlt die drittgrößte Sportmarke in dieser Betrachtung. Spätestens am 1. März wird die Abschiedsbilanz des früheren Puma-Chefs Bjørn Gulden vorgelegt. Sie wird, davon ist auszugehen, sehr viel positiver ausfallen als die seiner neuen Firma.

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