Kein Überflieger

Die größte Sportmarke der Welt baut ihren Vorsprung weiter aus. Das App-Business soll in Zukunft für weitere Dynamik sorgen. Doch aktuell ist China auch für Nike ein Bremsklotz.

Das letzte Geschäftsjahr hat Nike mit einem Umsatzplus von gerade einmal 5% abgeschlossen. Die positive Umsatzprognose stützt sich vor allem auf der immer engeren und direkteren Vernetzung mit den Konsumenten.
Nike

Nike feiert 50. Geburtstag – und Spike Lee feiert mit. Er führt nicht nur Regie beim großen Kampagnen-Clip, sondern spielt auch gleich die Hauptrolle. Ob es an seinem Talent liegt oder doch an der Performance-Power der Marketing-Macher der größten Sportmarke der Welt: Die Kampagne habe Nikes App-Business befeuert wie keine andere jemals zuvor.

Das berichtet Nike-CEO und President John Donahoe anlässlich der Jahreszahlen für das Geschäftsjahr 2021/22 (31. Mai).

Spike Lee hat alles gesehen. Seinen Clip zum 50-jährigen Nike-Jubiläum haben viele gesehen.
Spike Lee hat alles gesehen. Seinen Clip zum 50-jährigen Nike-Jubiläum haben viele gesehen.
Nike

Mit diesen Zahlen bekräftigt Nike seine Marktführerschaft – allerdings machen auch dem Swoosh das China-Geschäft und Lieferprobleme deutlich zu schaffen. Donahoe spricht von einem "dynamischen Umfeld", das die makroökonomischen Herausforderungen vor allem im letzten Quartal geschaffen hätten.
Riesen-Vorsprung
44,21 Mrd. Euro
Gemessen am Umsatz ist Nike mittlerweile doppelt so groß wie Adidas. So groß war der Vorsprung noch nie.
Adidas erzielte 2021 insgesamt 21,23 Mrd. Euro. Damit hat der Nike-Verfolger das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht.

So kann Nike zwar im Gesamtjahr um 5% auf 46,71 Mrd. Dollar (44,21 Mrd. Euro) zulegen, hat im Schlussquartal von März bis Mai allerdings 1% Umsatz verloren. Die Wachstumsdynamik des Vorjahres hat sich damit deutlich abgekühlt – wenig überraschend, angesichts der neuen Herausforderungen, vor die insbesondere Chinas No-Covid-Strategie die Weltwirtschaft gestellt hat.




Und so ist es vor allem das China-Geschäft, das Nike aktuell massiv ausbremst. Im dritten Quartal hatte sich die Talfahrt zunächst verlangsamt, im Schlussquartal allerdings ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr mit 19 % minus erneut dramatisch eingebrochen, auf jetzt 1,56 Mrd. Dollar. Ein Lichtblick in dieser Region ist das digitale Business, das von Februar bis Mai im niedrigen einstelligen Bereich zulegen konnte. "Um es ganz klar zu sagen: Wir glauben, dass China ein Wachstumsmarkt bleibt, der noch ein erhebliches Potenzial birgt", betont Donahoe im Call mit Analysten.

Vom Wachstumsmotor zum Sorgenkind
17%
Der Umsatz-Anteil, den Nike in China macht, sinkt (Vorjahr: 19,6%). In absoluten Zahlen: Das China-Geschäft ist um 740 Mio. Dollar geschrumpft.

In China ist der Vorsprung des Swoosh zum Rivalen Adidas nicht ganz so groß wie im Rest der Welt: Auch Adidas macht noch immer einen Milliardenumsatz im Reich der Mitte. Bezogen auf den Gesamtumsatz eilt Nike dem Wettbewerb allerdings weiter davon: Nike macht in Summe mehr als doppelt so viel Umsatz wie Adidas. 44,44 Mrd. Dollar mit der Marke Nike, 2,35 Mrd. Dollar mit Converse.
Der abgehängte Verfolger hat 2021 die Erlöse zwar wieder deutlich zweistellig steigern können, liegt aber mit 21,23 Mrd. Euro – anders als Nike – noch immer unter Vor-Corona-Niveau.
Wachsender D2C-Anteil
40%
des Umsatzes macht Nike heute direkt mit den Kunden. Perspektivisch sollen es 60% werden, 40% davon digital.

Der Ausblick für Nike ist in Anbetracht der Herausforderungen optimistisch: Finanzchef Matthew Friend habe diverse Risikoszenarien einkalkuliert und erwartet für das Geschäftsjahr 2022/23 (31. Mai) ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum im niedrigen zweistelligen Bereich. Adidas erwartet ein Wachstum von 11 bis 13% im Jahr 2022, auch Puma geht für das laufende Jahr von mindestens 10% Umsatzwachstum aus.
Für das erste Quartal erwarte Nike aufgrund der Covid-Situation in China und des Einflusses von Währungseffekten ein stagnierendes bis leicht steigendes Umsatzwachstum in US-Dollar gegenüber dem Vorjahr.



Weiteres Potenzial liegt vor allem im App-Business. Nike ist extrem präsent auf dem Handy der treuesten Kunden. Donahoe spricht vom Home-Screen als wertvollster Retail-Location der Welt. Das App-Business sorgt schon heute für fast 50% der Erlöse, die Nike online direkt mit den Verbrauchern macht.
Jeder vierte Dollar online
24%
des Umsatzes der Marke Nike macht der Konzern heute auf seinen eigenen Online-Kanälen. Das Business ist heute mehr als doppelt so groß wie vor der Pandemie.

Befeuert werden soll es durch die Implementierung eines neuen ERP-Systems, das im Juli in China in Betrieb genommen wird. Erprobt und weiterentwickelt werden soll es in Nordamerika, bevor es im Geschäftsjahr 2023/24 eingeführt wird. Außerdem sollen schon in den kommenden Monaten weitere, lokale Apps für den chinesischen Markt eingeführt werden.
Für das laufende Geschäftsjahr kündigt Friend im Analysten-Call darüber hinaus eine Marketing-Offensive an. In Nordamerika werde eine Segmentierung der Zielgruppen mit Echtzeitdaten und Personalisierungen in der App getestet, eine weitere Expansion sei in den kommenden Monaten geplant.


In der EMEA-Region sieht sich Nike vor allem als Performance-Power Brand. Und rechnet für das laufende Geschäftsjahr mit einem Fußball-Fest: Frauen-EM im Sommer, Männer-WM im Winter und Frauen-WM im Sommer 23. Zelebriert werden soll das nicht nur mit neuen Trikots, sondern mit kompletten Trainings- und Lifestyle-Sortimenten sowie neuer Mercurial-, Tiempo- und Phantom-Modellen. "EMEA wird die beispiellosesten zwölf Monate in der Geschichte von Nike im globalen Fußball einläuten", kündigt Friend an. Spike Lee steht vielleicht schon bereit.
Die Nike-Zahlen auf einen Blick

Das Schlussquartal 2021/22 (März bis Mai):

Umsatz: 12,234 Mrd. Dollar, (-1%, währungsbereinigt +3%)
Wholesale-Umsatz: 6,8 Mrd. Dollar (-7%)
D2C-Umsatz: 4,8 Mrd. Dollar (+7%)

Marke Nike nach Regionen:

Nordamerika: 5,115 Mrd. Dollar (-5%)
EMEA: 3,251 Mrd. Dollar, (+9%, währungsbereinigt +20%)
Greater China: 1,561 Mrd. Dollar (-19%)
Asia Pacific & Latin America: 1,682 Mrd. Dollar (+15%)

Converse: 593 Mio. Dollar (-1%)

Bruttomarge: 45% (VJ: 45,8%)
Ebit: 1,414 Mrd. Dollar, (-26%)
Ebit-Marge: 11,6% (VJ: 15,5%)
Nettogewinn: 1,439 Mrd. Dollar (-5%)

Geschäftsjahr 2021/22 (31. Mai)
Umsatz: 46,71 Mrd. Dollar, (+5%, währungsbereinigt +6%)
Wholesale-Umsatz: 25,608 Mrd. Dollar (-1%)
D2C-Umsatz: 18,726 Mrd. Dollar (+14%)

Marke Nike nach Regionen:
Nordamerika: 18,353 Mrd. Dollar (+7%)
EMEA: 12,479 Mrd. Dollar (+9%)
Greater China: 7,547 Mrd. Dollar (-9%)
Asia Pacific & Latin America: 5,955 Mrd. Dollar (+11%)

Bruttomarge: 46% (VJ: 44,8%)
Ebit: 6,651 Mrd. Dollar (unverändert)
Ebit-Marge: 14,7% (VJ: 15,5%)
Nettogewinn: 6,046 Mrd. Dollar (+6%)



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