Sie bilden die Kickz-Geschäftsführung: Play Hard-Creative Director Niels Jäger, Play Hard-CEO Philipp Buchholtz und Crealize-CEO Jacob Fatih.
Mitte März war der Deal abgeschlossen – und schon mussten Niels Jäger, Philipp Buchholtz und Jacob Fatih als erste Amtshandlung wie alle Nonfood-Händler in Deutschland die elf stationären Läden von Kickz.com schließen. Dass sie mit ihrem Unternehmen, der Essener Play Hard Group, die
Zalando-Tochter übernehmen würden, stand seit Dezember fest.
Vom Berliner Online-Händler hieß es damals, nach fast drei Jahren habe man mit dem auf Basketball und Streetwear spezialisierten Konzept die gewünschte neue Zielgruppe erreichen können und wolle sich jetzt lieber verstärkt auf das Marktplatz-Geschäft konzentrieren.
Zur Play Hard Group, die wiederum eine Tochter des Start-up-Inkubators Crealize ist, passt Kickz ausgezeichnet. So ist sie unter anderem Eigentümerin des einstigen Kickz-Eigenlabels
K1X, Park Authority und Kreemo. Außerdem designt und produziert die Play Hard Group Merchandise für die höchste europäische Basketball-Profiliga “EuroLeague”, das Pendant zur Champions League im Fußball, und führt Design und Auftragsarbeiten unter anderem für Karl Kani aus.
Für das hauseigene Magazin Five werden Sportler statt Models geshootet - während des Shutdowns eben auch zu Hause.
Die Läden
Dennoch gibt es einige Stellschrauben, an denen Crealize-Gründer Fatih, Play Hard-CEO Buchholtz und Play Hard-Creative Director Jäger drehen wollen. Dazu gehört unter anderem die Umgestaltung der Stores. In der Erarbeitung eines Konzepts wurden die drei jedoch fürs Erste durch die Covid-19-Pandemie ausgebremst. Schließlich müssen erst Erfahrungen mit dem neuen Business zeigen, was zu tun ist.
Aber: „Die Läden sollen einen stärkeren Community-Charakter erhalten“, meint Buchholtz. Und Fatih ergänzt: „Wir haben einen klaren Online-Fokus. Das ist schon ein Indiz dafür, dass wir mit unseren Läden vor allem Präsenz zeigen wollen und inspirieren möchten. Sie müssen State of the Art sein.“
Store des Tages Frühjahr 2019: Kickz Premium in München
Der Online-Fokus – E-Commerce steht für zwei Drittel der Umsätze – hat dem Unternehmen auch während des Shutdowns geholfen. Zahlen nennt Fatih nicht, sagt aber, dass Kickz 2020 bis jetzt verglichen mit dem Vorjahr zweistellig im Plus liege – trotz starker Umsatzeinbrüche in den ersten Tagen nach Ladenschließung und des Verbots der Ausübung von Mannschaftssportarten.
Der Online-Shop
Dennoch sehen die Macher auch im Online-Auftritt noch Potenzial. Über den Sommer soll der Webshop ein Update erhalten. Dafür haben die Unternehmer das Grafikdesignstudio Bureau Borsche engagiert, das unter anderem bereits für Adidas Originals und
Balenciaga gearbeitet hat. In Zuge dessen soll auch die optische Unterscheidung zwischen Kickz und Kickz Premium aufgehoben werden.
Unter Zalando war eine Premium-Strategie forciert worden, die sich zum einen auf das Sortiment, zum anderen auf den Ladenbau ausgewählter Stores auswirkte. Auf der Homepage markieren noch immer zwei unterschiedliche Banner, in welchem Bereich der User sich befindet. Jäger erklärt: „Am Anfang war es vielleicht notwendig, um bestimmte Brands für das Konzept zu gewinnen. Aber jetzt ist diese Trennung nicht mehr nachvollziehbar. Wir haben mit allen Labels gesprochen und niemand besteht darauf.“ Eine interne Premium Task Force soll die Bereiche nun enger zusammenführen.
Das Sortiment
Denn auf selektiv distribuierte Premium-Brands verzichten wollen auch die neuen Eigentümer nicht. Seit der Übernahme konnten bereits viele neue Namen gewonnen werden, darunter
Wood Wood, Han Kjøbenhavn, Our Legacy, Soulland und Chinatown Market. Die Strategie werde zum einen weiterverfolgt, weil die Kunden des vor 27 Jahren gegründeten Handelsformats mit ihm älter und kaufkräftiger geworden seien. Zwar starte die Zielgruppe laut Jäger bei zwölf Jahren, aber auch Enddreißiger kauften nach wie vor bei Kickz ein.
Kickz-Lookbook: Die Styles der Basketballer
Zum anderen hat sich auch der Look der Basketballprofis in der Vergangenheit stark geändert. Jäger erläutert: „Das fängt schon damit an, dass die Baggy-Shorts in den 90ern nicht lang genug sein konnten. Heute sind sie viel kürzer. Außerdem nutzen die NBA-Stars den Einlauf in die Halle derzeit wie einen Laufsteg. Sie haben kein Problem damit, eine Mesh-Shorts für 20 Euro zu einem 700 Euro teuren Mantel und einer Tasche von Off-White zu kombinieren. Und das nimmt man ihnen ab. Sie sind echte Style-Vorbilder, an denen sich selbst die Fußballer orientieren.“
Ohne
Nike und das dazugehörige Brand Jordan geht im Basketball natürlich nichts. Entsprechend sind sie die stärksten Lieferanten für Kickz. Für hohe Umsätze steht außerdem
Adidas. Es folgen Labels wie K1X, Converse und Champion.
- 1993 gegründet
- März 2017: Übernahme durch Zalando
- März 2020: Übernahme durch die Play Hard Group
- 11 stationäre Stores in Deutschland, davon vier auf amerikanischen Militärstützpunkten
- Landesspezifische Homepages in rund 20 Ländern, Versand weltweit
- Letzter veröffentlichter Umsatz von 2016: 40,5 Mio. Euro
Den stärksten Umsatzanteil haben mit 70% Sneaker. Die männlichen Kunden tragen rund 60% zu den Erlösen bei, der Rest verteilt sich auf Kinder und Frauen. Die Frauen stärker für sich zu gewinnen, steht ebenfalls auf der Agenda der Geschäftsführer. Jäger merkt an: „Eigentlich haben die Mädels immer schon viel Basketball gespielt. Gerade zieht die Industrie aber mit interessanten Produkten nach. Wir freuen uns darauf, Womens Basketball offensiv zu inszenieren um einen authentischen Beitrag zum Movement zu leisten.“
Videodreh in Paris: Ausschnitte
Die Kommunikation
Jäger, der selbst eine Zeit lang die Fernsehsendung „NBA Inside“ moderierte, ist überzeugt: „Wir sind Europas No. 1 Basketball Authenticator und Shop. Seit fast dreißig Jahren agieren wir mit der Kultur auf Augenhöhe, gestalten und formen sie seit jeher mit. Dieser Schulterschluss mit unserer Community wird mit der neuen Führung weiter geführt und gefördert.“ Das zeige sich beispielsweise in Form diverser Events. Aktuell ist das Turnier „United Colors of Basketball“ in Planung, das sobald wieder möglich testweise in München und zukünftig auch in Berlin stattfinden soll, um den Zusammenhalt der Basketball-Szene zu zelebrieren.
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Community-Feeling trotz Social Distancing
Netflix schauen mit Kickz
Seit dem 4. Mai erscheint jede Woche eine Folge der Basketball-Doku „The Last Dance“ über Michael Jordan und seine Chicago Bulls. Den Hype um die zehnteilige Netflix-Serie will sich der Streetwear- und Sneaker-Filialist Kickz nicht entgehen lassen und lädt zu einer Party.
Doch selbst in Zeiten von Kontaktsperre und unterbrochener NBA-Saison sei es möglich, die Community zusammenzuhalten. So wurde zur Netflix-Dokuserie „The Last Dance“ über Michael Jordan eine Netflix Watch Party organisiert, das hauseigene Magazin Five hat eine ganze Ausgabe dem ehemaligen Profi und seinem Verein Chicago Bulls gewidmet und es wurden Editorials mit Sportlern geschossen, die auf die Streetball-Saison warten. Kickz nutzt zur Ansprache der Comunity die gängigen Sozialen Medien, müsse aber bei Tik Tok noch nachlegen, wie das Führungsteam zugibt.
Die Zukunftspläne
In Zukunft wollen sie sich auch in Berlin als Key-City stärker aufstellen und im europäischen Raum expandieren. Allerdings ist das durch die Coronakrise erst mal hintenangestellt. Aktuell ist Deutschland der stärkste Markt, gefolgt von Frankreich, Großbritannien und Italien.
Und wie könnte sich die Covid-19-Pandemie in näherer Zukunft aufs Geschäft auswirken? „Ich denke, die Lieferzyklen werden kurzfristiger und die Vororder spielt eine immer kleinere Rolle“, schätzt Buchholtz. Aber jetzt freuen sich die drei erst mal darauf, mit dem jüngsten Zukauf endlich voll durchstarten zu können.