"Wir werden das Thema Sports wieder stärker in die Häuser holen." Karstadt-COO Claudia Reinery dem DMHK.
Es ist bei Karstadt und Kaufhof ein wenig wie vor einem wichtigen Fußballspiel: Mannschaftsaufstellung und Strategie sind bis kurz vor dem Anpfiff noch das große Geheimnis. Immerhin: Claudia Reinery, als COO von Karstadt neben ihrem Chef Stephan Fanderl mutmaßlich Teil des Führungsteams der kommenden Warenhausunion aus Karstadt und Kaufhof, ließ zur Strategie schon mal einen entscheidenden Aspekt raus: „Ein Thema ist Sport“.
Nach dem Zusammenschluss – das Closing soll Ende November erfolgen - „werden wir das Thema Sports wieder stärker in die Häuser holen, weil es den Lebensstil der Menschen wirklich widerspiegelt“, sagt Reinery beim Deutschen Modehandelskongress (DMHK) der TextilWirtschaft in Düsseldorf.
Thomas Wanke, Chef der Warenhaus-Tochter Karstadt Sports, sieht für das fusionierte Unternehmen ebenfalls große Chancen: „Sport ist auch in der Innenstadt ganz klar ein Wachstumssegment“, schreibt er in einem Brief an seine Mitarbeiter, der der TW vorliegt. Durch die Karstadt-Kaufhof-Union erwartet er „Größenvorteile und die Bündelung von Kompetenz“ – zum Beispiel durch eine Neugliederung des Sport-Einkaufs.
Der nämlich soll zur Mutter Karstadt und damit in den „Maschinenraum des Warenhauses“ zurückkommen. Bisher hat Karstadt Sports für seine eigenen 28 Häuser eingekauft und für die Sportabteilungen der Karstadt Warenhaus GmbH. Jetzt wird das System gedreht: Karstadt Warenhaus kauft Sportwaren gebündelt für die Häuser von Karstadt Sports sowie für die Sportabteilungen von Karstadt ein – und zusätzlich für die von Kaufhof.
Teile der Verwaltung von Karstadt Sports – mit Ausnahme der „unmittelbar vertriebsnahen Leistungen“ − wandern ebenfalls zum Mutterkonzern. Das werde mehr Effizienz, mehr Tempo und „über den Wegfall von administrativen Stellen auch Kosteneinsparungen ergeben“, schreibt Wanke. Mit schlanken Strukturen, Fokussierung auf Beratung und Verkauf sowie durch das aus der Fusion mit Kaufhof zu erwartende Größenwachstum, „wird Sport für das neue Unternehmen ein wichtiges Zukunftsfeld werden“, ist sich der Sports-CEO sicher.
Die Sportoffensive sei „gleichermaßen online wie stationär“ zu verstehen, heißt es in Essen. Ohnehin steht die Integration von Pure-Playern in die Warenhausflächen laut Claudia Reinery ganz weit oben auf der To-Do-Liste. Das Ziel sei der vernetzte Marktplatz. „Wir geben Online-Shops ein Zuhause“, sagt Reinery, für die die Warenhäuser „die wohl größten Showrooms des Landes“ sind.
Mehr Sport, mehr Vernetzung mit anderen Warengruppen und mehr Online-Integration − das lässt nun Raum für Spekulationen: Denn die österreichische Signa – bisher Karstadt-Eigentümer und durch die just vom Bundeskartellamt genehmigte Warenhaus-Union auch bei Galeria Kaufhof für das Operative verantwortlich – hat sich in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Onlinehändler in 17 Ländern zugelegt, die sich mit den Themen Sport und Outdoor befassen. Dazu gehören unter anderem Tennis Point und Centercourt, Fahrrad.de und probikeshop, Stylefile und Outfitter. Da dürfte es naheliegen, die weitläufigen Warenhausflächen in 1 A-Lagen und die spezialisierten Pure-Player zu kombinieren.
Zumal Galeria Kaufhof seine Linie Sportarena und damit einen Teil seiner Präsenz im Sportmarkt in den vergangenen Jahren aufgegeben hatte. Die Sportarena GmbH ist am 1. August 2016 vollständig in die Vertriebslinie Saks Off 5th von HBC Europe übergegangen und hat als Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit Ende Januar 2018 eingestellt. Einige der Standorte wurden in Saks Off 5th-Filialen umgewandelt, u.a. Frankfurt, Wiesbaden, Stuttgart und Heidelberg. Andere Standorte wurden geschlossen oder in Galeria Kaufhof-Sportabteilungen umgewandelt, wie zum Beispiel in Düsseldorf Wehrhahn oder Wuppertal. Am Standort Würzburg wurde aus der ehemaligen Sportarena das Sporthaus Sport & Co., das von der Würzburger Galeria Kaufhof-Filiale betrieben wird. In Bonn wurde im Rahmen des Ende Oktober abgeschlossenen Umbaus fast eine komplette Etage dem Sport gewidmet. An den ehemaligen Sportarena-Standorten Freiburg, Heidelberg, Kassel und Osnabrück wurden im Laufe dieses Jahres die Sportabteilungen in den Galerie Kaufhof-Filialen modernisiert und vergrößert. Unterm Strich jedoch reduzierten sich die Sportflächen der Kölner Kette deutlich.
Doch Saks Off 5th, die Billigbude für vermeindliche Premium-Produkte, will in Europa nicht recht ins Laufen kommen. Unwahrscheinlich, dass Signa als neuer operativer Spielführer mit der Marke auf Dauer weiterarbeiten will. Bei der Frage, wie die Flächen stattdessen bespielt werden sollen, kommen schnell wieder Sport, Outdoor und Lifestyle auf den Radar. Mit einem neuen Konzept? Mit hohem Action- und Erlebnisfaktor? Reinery jedenfalls hat beim DMHK – wenn auch eher bezogen auf Fashion – klargemacht, dass künftig weniger das Produkt selbst, als vielmehr das Erlebnis auf der Fläche ein wesentliches Erfolgskriterium sein werde. Wanke schreibt dazu an seine Mitarbeiter, man sei „schon jetzt dabei, über neue Sport-Flächen innerhalb und außerhalb der Warenhäuser und der bestehenden Sporthäuser nachzudenken“.