Läden sind die Aushängeschilder ihrer Marken, die Manifestation des Images. Und auch im Multilabel-Handel werden sie im digitalen Zeitalter mehr denn je zum Ort des physischen Markenerlebnisses. Dem Kunden eine klare Botschaft zu senden und ein eindeutiges Bild zu vermitteln, darum geht es letztlich. Die Mittel dafür sind so unterschiedlich wie das Angebot. Mit lokalen Bezügen, kulinarischen Genüssen und Materialinnovationen macht der Handel Lust auf Mode. Ein zeitgemäßes Interior Design gehört selbstredend dazu. Zeigemäß, modern, das waren 2015 vor allem die Materialien Beton und Marmor, aber auch rauhes Holz kam verstärkt zum Einsatz. Ganz unterschiedlich und individuell. Das sind die inspirierendsten Eröffnungen des Jahres 2015.
Gallery: Talbot Runhof, München
TALBOT RUNHOF, MÜNCHEN. Im neuen Flaggschiff des Designer-Duos Johnny Talbot und Adrian Runhof im Preysing Palais werden Mädchen-Träume wahr. Architekt Patrick Ferrier hat sich für den 400m² großen Store einmal quer durch die rosarote Farbkarte geschwungen. Von Flieder über Rosé bis hin zu Mauve sind fast alle Töne zu finden, an den Wänden, für Sitzmöbel und Teppichböden. Messing gibt dem Laden die Extraportion Glamour. Blickfang ist der geschwungene Treppenaufgang mit Plexiglasgeländer und Chrom – eine Reminiszenz an das Design der 70er Jahre. Ein Traum in Rosa, mädchenhaft und feminin ohne kitschig zu sein.
Gallery: Clan Upstairs, Mailand
CLAN UPSTAIRS, MAILAND. Grau, grau, grau sind alle meine Kleider. Das wohl nicht, aber die Farbe Grau dominiert ganz eindeutig beim Interior Design des um eine Etage aufgestockten Concept Stores Clan Upstairs in Mailand. Rauher Industrie-Chic und das Trendmaterial Beton dominieren das Innenleben des 350m² großen neuen Stockwerks. Der Fußboden ist aus Zement gegossen, auch Treppen, Wände und Umkleidekabinen tragen ein dezentes Grau. Dabei wurde der Beton nicht nachbehandelt, sondern zeigt sich in seiner rohen, in verschiedenen Grautönen variierenden Form. Weiß angestrichene Baumstämme dienen als Warenträger für Schuhe, Schmuck und Co. Farbe sucht man im Inneren des Stores vergebens, lediglich die markante offene Balkendecke bildet einen gelungenen Kontrast zu den kühlen Betonoberflächen.
Gallery: Harvey Nichols in Birmingham
HARVEY NICHOLS, BIRMINGHAM. Überdimensionale Screens statt Schaufenster – schon von außen lässt sich erahnen, dass der neue Harvey Nichols im Einkaufskomplex „The Mailbox“ etwas ganz Besonderes ist. Spätestens beim Betreten des zwölf Meter langen Eingangstunnels mit digitalen Kunstinstallationen wird klar: Hier wird Retail der Zukunft umgesetzt. Doch der 4200m² große Laden glänzt nicht nur mit digitalen Spielereien. Die gesamte Fläche liegt auf einer Ebene. Die Deckenhöhe beträgt fast fünf Meter und gibt ein Raumgefühl, das man eher von Kirchen und Museen als von Modegeschäften kennt. Die Mode wird auf eigens entwickelten Warenträgersystemen präsentiert. Dabei greifen die Architekten auf eine ganze Palette von Materialien, Farben und Formen zurück. Sie setzen auf Kontraste, um immer wieder neue Räume im Raum zu schaffen. Das Ziel: Die Fläche sollte nicht an herkömmliche Department Stores erinnern, sondern eine ganz neue Form von Shopping ermöglichen.
Gallery: Thom Browne, Hongkong
THOM BROWNE, HONGKONG. Unten: eine Lobby, oben: Office-Atmosphäre mit Neon-Leuchtröhren, weißen, bodentiefen Jalousien und polierten Schreibtischen. Dazwischen: ein dunkler Treppen-Aufgang. Der neue Flagship Store von Thom Browne in Hongkong erinnert stark an die coolen Offices der noch cooleren Werber aus den 60er-Jahren in New York: gegossene Terrazzo-Böden, graue Marmor-Wände, auf Hochglanz poliertes Mahagoni-Holz, ausgesuchte Möbel von Paul McCobb, Edward Wormley und Pierre Jeanneret. Mode gibt es auch: unaufdringlich hängt die Menswear in den „Büroräumen“ an cleanen Kleiderstangen, liegt auf den Tischen oder in den Dokumentenschränken, wie gerade von den Kollegen dort zufällig abgelegt.
Gallery: Acne, Seoul
ACNE STUDIOS, SEOUL. Im noblen Gangnam-Viertel in Seoul hat Acne Studios sein erstes Flaggschiff in Korea eröffnet. Der Laden setzt einen bewussten Kontrapunkt zur glamourösen Umgebung. Dafür haben die Schweden gemeinsam mit der Londoner Architektin Sophie Hicks eine frei stehende Lichtbox gebaut. Außen eine rechteckiger, durchsichtiger Baukörper, zurückhaltend und leicht, innen ein Beton-Beben mit acht massiven Säulen, markant und schwer. Die Oberfläche des Kunststeins wurde so behandelt, dass Holzreliefs entstanden sind. Eine Hommage an die schwedische Heimat des Labels. Das neue Store-Design ist weit minimalistischer als das bisherige. Null Farbe, null Dekoration. Nur vereinzelt ein paar Stücke des britischen Möbeldesigners Max Lamb.