Dass seine Restaurierungsarbeiten an alten Landgütern und Schlössern im Süden Frankreichs ihn einmal zu einem Beispielgeber für die Gestaltung von Modeläden machen würde, hätte Rabih Hage wahrscheinlich nicht gedacht. Der Architekt widmete sich nach dem Ende seines Studiums an der Ecole des Beaux Arts in Paris vor allem alten Gemäuern. Er renovierte historische Gebäude in ganz Frankreich. Dabei habe er vor allem eines gelernt: Wie man eine Ruine in etwas Interessantes verwandelt. Diese Form der Metamorphose hat er mit dem von ihm gestalteten
Hotel Roughluxe in London auf die Spitze getrieben. Das Hotel in der Birkenhead Street sei halb rough, halb luxuriös. In Räumen mit grob behandelten Wänden, von denen die Farbe abzublättern scheint, stehen luxuriöse Möbel.
Halb shabby, halb luxuriös - im Roughluxe Hotel wurde der neue Trend auf die Spitze getrieben
Ein Kontrast, der zugleich Morbidität und Leichtigkeit ausstrahlt – und damit für den Ladendramaturg Dr. Christian Mikunda ein gutes Beispiel für eine aktuelle Entwicklung in der Ladengestaltung ist. „Auf den ersten Blick wirken solche Einrichtungen minderwertig, dadurch fällt es vielen leichter, sich dort wohlzufühlen und zu entspannen.“ Genau das ist ein Trend im Storedesign. Ob abgewetzte Ledersofas oder auch die zusammengestückelten und neu eingefärbten Orientteppiche, die momentan schon fast zum Must-have bei der Ladengestaltung gehören, all diese Elemente senken die Hemmschwelle der Besucher. Sie signalisieren: „Hier wird gelebt, hier kannst Du Dich niederlassen und abschalten.“
Superdry in London gilt als Vorreiter des neuen Ladendesigns
Gerade das müssten Läden zunehmend bieten, sagt Mikunda. In einer Zeit, in der Läden und Malls immer mehr zu einem „home away from home“ werden, sei eine Wohlfühl-Atmosphäre unerlässlich. Als „Chill“ bezeichnet er das Gefühl, das durch eine solche Ladeneinrichtung bei den Besuchern erzeugt wird. Vorreiter bei dieser Form des Storedesigns seien vor allem die Denimanbieter wie Levi's, Replay und Co gewesen. Bestes aktuelles Beispiel dafür: Der im vergangenen Jahr eröffnete Superdry-Store in London. Alte Bahnanhänger aus Holz, das Firmenlogo aus rostigem Metall, knarrende Holzbohlenböden sorgen für einen roughen Industrielook. Doch alleine durch die meterhohen Decken und das altehrwürdige Gebäude an der Regent Street mit Atrium und riesiger Treppe entsteht ein Gefühl von Weite und Luxus. Dank der bodenständigen, abgelebt wirkenden Materialien fühlen sich Besucher aber nicht verloren, sondern willkommen und zu Hause.
Der Film- und Fernsehdramaturg Dr. Christian Mikunda berät Unternehmen, Center-Entwickler und Stadtplaner in Fragen der Strategischen Dramaturgie. Seit Jahren leitet er für die Umdasch Shop Academy Ladendramaturgie-Reisen. Zur Zeit findet die erste weltumspannende Tour statt. Bis zum 25. April dauert diese Reise, zu der es einen aktuellen Blog gibt: http://in18tagen.wordpress.com/